Jubiläumswettbewerb 2021: Gewinnerprojekte gekürt
Ende Oktober 2021 haben wir im Architekturforum Zürich im Rahmen der Veranstaltung «40 Jahre Engagement für eine bessere Gesellschaft» die Gewinnerprojekte unseres Jubiläumswettbewerbs einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Geehrt wurden vier vorbildlich gestaltete hindernisfreie Hauseingänge für unterschiedliche - alles geschützte - Gebäude.
Nachdem Eva Schmidt als Fachstelleleiterin den Abend mit einem spannenden Rückblick in die Anfänge der Schweizer Fachstelle eröffnete und in die wichtigsten Kriterien für ein «Design for all» einführte, wurde es im zweiten Teil des Abends festlich: Während der Preisverleihung und unter Anwesenheit aller Jurymitglieder wurden die ausgewählten Projekte mit einer Auszeichnung gewürdigt. Von fast 30 Eingaben – die uns sehr gefreut haben – kamen 23 in die engere Wahl. Ausgezeichnet wurden gestalterisch gute, ganzheitliche Ansätze mit praxisgerechten Lösungen, die eine hohe Nutzungsqualität aufweisen. Lesen Sie den ganzen Bericht zum Jubiläumsanlass im Architekturforum Zürich

15.10.2021 – TAG DES WEISSEN STOCKS
Wussten Sie, dass Entwässerungsrinnen, Trottoir-Randabschlüsse, Belagswechsel und andere bauliche Elemente absichtlich in die öffentliche Architektur integriert werden? Dass diese als «natürliches» Leitsystem für blinde und sehbehinderte Menschen dienen? Vielen von uns ist das kaum bewusst.
Anlässlich des internationalen Tags des Weissen Stockes wollen wir nebst den weissen Leitlinien vor allem auch die Führungs- und Trennelemente in gebauten Umgebungen betonen, die sehbehinderte und blinde Fussgängerinnen und Fussgänger zu Orientierungszwecken nutzen, wenn vor Ort keine Leitlinien vorhanden sind, denn diese werden nur subsidiär eingesetzt!
Für weitere Informationen lesen Sie das beiliegende Dokument.
Merkblatt 121 «Relief- und Brailleschrift» überarbeitet
Das aktualisierte Merkblatt listet die Anforderungen an Reliefschriften und ertastbare Piktogramme tabellarisch nach Einsatzorten und bietet einen Überblick über Hersteller und Bezugsquellen.
Seit Juli 2021 liegt das Merkblatt 121 überarbeitet und mit wichtigen Elementen ergänzt vor. Die Norm SIA 500 unterscheidet zwischen visuellen Beschriftungen, die auch ertastet werden können, und taktilen Reliefschriften, die ergänzend zu visuellen Informationen etwa am Handlauf angebracht werden. Für Letztere macht sie genaue Vorgaben an Schriftgrösse, Reliefprofil, Schriftstil und Spationierung, damit sie gut ertastet werden können, verlangt jedoch keinen visuellen Kontrast. Die Erfahrung zeigt aber, dass ein visueller Kontrast auch an Handlaufschildern extrem hilfreich ist. Der Grund dafür ist einfach: Visuelle Informationen, etwa die Gleisnummerierung auf dem Bahnsteig, sind für Menschen mit Sehbehinderung oft zu weit entfernt oder zu hoch angeordnet. An die taktilen Schilder kann man nahe herangehen und sie auch mit geringem Sehvermögen noch lesen, was viel schneller geht als das Abtasten. Deshalb empfiehlt die Fachstelle neu, Reliefschriften grundsätzlich immer auch mit visuellem Kontrast auszuführen.

Neues Merkblatt 150 «Rollstuhlgerechte Ladeplätze»
Bei der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge muss bezüglich Dimensionierung, Ausstattung und Nutzung ein chancengleicher Zugang für Rollstuhlfahrende gewährleistet sein.
Gestützt auf das Klimaziel des Bundes wird der Umstieg auf Elektromobilität in der ganzen Schweiz gefördert, die Infrastruktur zum Laden von Elektrofahrzeugen befindet sich im Aufbau. Auch bei Personen mit Rollstuhl sind Elektrofahrzeuge sehr beliebt, da diese diverse Annehmlichkeiten wie zum Beispiel selbst öffnende Türen oder sprachgesteuerte Features bieten können. Gerade deshalb ist es unabdingbar, dass Ladeplätze, die öffentlich angeboten werden, ohne Benachteiligung auch für Menschen mit Behinderung nutzbar sind.
Dieses Merkblatt unterstützt Planende und Betreiber bei der Wahl eines geeigneten Konzepts zur Planung und Umsetzung der Hindernisfreiheit. Auch vermittelt es den Bewilligungsbehörden wichtige Grundlagen zur Beurteilung von Baugesuchen.
Licht in Alters-, Wohn- und Pflegeeinrichtungen
Erfahren Sie welche Anforderungen zu beachten sind, wenn Innenräume für Menschen mit Seheinschränkungen konzipiert werden, und welche Erkenntnisse aus Forschung und Praxis diesen zu Grunde liegen.
Licht beeinflusst das Wohlbefinden. Wer aufgrund des Alters oder einer Sehbehinderung nicht optimal sieht, reagiert besonders empfindsam auf ungeeignete Beleuchtungssituationen. Für Alters-, Wohn und Pflegeeinrichtung gelten daher erhöhte Anforderungen an die Qualität der Beleuchtung.
Die Anforderungen sind in den Richtlinien SLG 104 «Alters- und sehbehindertengerechte Beleuchtung» geregelt. Welche Erkenntnisse aus Forschung und Praxis diesen zu Grunde liegen wird in der neuen Broschüre «Licht in Alters-, Wohn- und Pflegeeinrichtungen» anschaulich dargelegt und erläutert.
40 Jahre Architektur für alle – das Jubiläumsbulletin
Anlässlich unseres Jubiläums werfen wir nicht nur einen Blick zurück in die Anfänge Hindernisfreier Architektur, sondern liefern erste Denkanstösse für die Zukunft: BIM – Chance oder Risiko für eine hindernisfreie Architektur?
Es gibt den standardisierten Menschen genauso wenig wie die standardisierte Behinderung. Die körperlichen Fähigkeiten und die Sinneswahrnehmungen von Menschen sind vielfältig. Wer entscheidet, für welchen Typ Mensch geplant und welcher vernachlässigt wird? Mit der Entwicklung neuer Planungstools wird diese Frage – wie in diesem Heft zu lesen – erneut zur Diskussion gestellt. Als die Gründer der Schweizer Fachstelle 1981 ihre Arbeit aufnahmen, war ihre Absicht, den Mangel an Standards für das behindertengerechte Bauen zu beheben. Akribisch erforschten sie nutzerspezifische Abhängigkeiten und führten ergonomische Feldstudien durch.
Die Resultate dieser Arbeit sind heute zu einem grossen Teil schweizweit geltender Standard. Darauf sind wir stolz! Zu oft wird das hindernisfreie Bauen aber nach wie vor als lästige Pflicht gesehen. Heute erwarten wir deshalb von Architekturschaffenden, dass sie konzeptionelle und gestalterische Ideen mit praktischen Werten unter einen Hut bringen und Bauten erstellen, die für alle Menschen nutzbar sind. Dieses Denken wünschen wir uns für die nächsten 40 Jahre – es sollte zur eigentlichen Kür werden!

Wir sind umgezogen!
Seit dem 1. April 2021 finden Sie uns im Zollhaus – beim HB Zürich.
Hindernisfreie Architektur –
Die Schweizer Fachstelle
Zollstrasse 115, 8005 Zürich
Telefon wie bisher:
+41 (0)44 299 97 97
www.hindernisfreie-architektur.ch
Endlich zeitgemässe hindernisfreie Räume! Mit Taten statt mit Worten zeigen wir mit dem Umzug 2021 in den Neubau der Genossenschaft Kalkbreite, dass die hindernisfreie Architektur sichtbare Fortschritte macht. Indem wir unserer Mietfläche reduzieren und gleichzeitig von den gemeinschaftlichen Räumen der Genossenschaft profitieren, leisten wir nicht nur einen Beitrag zum nachhaltigeren Flächenverbrauch, sondern spielen auch wichtige zusätzliche Ressourcen für unsere tägliche Grundlagenarbeit frei – für eine hindernisfreie Umwelt von morgen.
Neues akustisches Signal am Fussgängerübergang
Mit einer neuen VSS Norm werden ergänzend zu den taktilen Signalen an Fussgängerübergängen auch die akustischen Signale geregelt. Neu eingeführt wurde ein akustisches Übergangssignal.
An der Erarbeitung der neuen VSS-Norm 40 836-1 «taktile und akustische Zusatzeinrichtungen» haben die Schweizer Fachstelle und ihre Fachkommission für sehbehinderten- und blindengerechtes Bauen intensiv mitgewirkt. Ein kleines Forschungsprojekt wurde durchgeführt, um die Führungsfunktion akustischer Signale zu untersuchen, und Erkenntnisse für die Lautstärkeneinstellung zu gewinnen. An zwei Kreuzungen in Bern haben sehbehinderte Personen begleitet von Technikern mit Messinstrumenten die Übergänge begangen. Nach jeder Querung wurden sie zur Erkennbarkeit und Führungsqualität der akustischen Signale befragt. Die Resultate der Befragung wurden anschliessend mit den Messprotokollen und einer simultan erfassten Tonaufnahme abgeglichen und ausgewertet.
Die Norm wurde in Zusammenarbeit mit zwei erfahrenen Ingenieuren und Lichtsignal-Spezialisten des VSS, Nicklaus Bischofberger und Georg Meng erarbeitet. Sie definiert nicht nur die Ausgestaltung und Anwendung der taktilen Signale sondern neu auch von akustischen Signalen. Bisher wurden akustische Signale in der Schweiz nach einer DIN-Norm ausgeführt. Die neue Norm regelt auch differenziert die Einsatzkriterien für akustische Signale und deren Einstellung.
Neu eingeführt wird mit dieser Norm das akustisches Übergangssignal, welches Menschen mit Sehbehinderung das Ende der Grünzeit anzeigt und so lange ertönt, bis das orange Licht erlischt, und die Ampel für die Fussgänger auf Rot schaltet. Bisher hatten akustische Signale nach Ablauf der Grünphase direkt das Signal der Rotphase ausgegeben, was für Personen mit Sehbehinderung zu viel Stress führte. Neu werden die taktilen und die akustischen Zusatzsignale immer parallel zu den optischen Fussgänger-Lichtsignalen angezeigt, so dass Menschen mit Sehbehinderung über dieselben Informationen verfügen wie sehende Passanten.

Hohe Haltekanten an Bushaltestellen
Nach welchen Kriterien beurteilt Hindernisfreie Architektur, ob bei einem Projekt die rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden, um die Umsetzung hoher Haltekanten einzufordern? Die Schweizer Fachstelle nimmt Stellung.
Hindernisfreie Architektur stellt fest, dass bei der Umsetzung hoher Haltekanten an Bushaltestellen, insbesondere bei wichtigen Bus-Hubs, öfters Projekte im Bewilligungsverfahren aufgelegt werden, welche den autonomen Zugang nicht oder nur teilweise erfüllen. Der autonome Einstieg über hohe Haltekanten erfährt in der Interessensabwägung im Bauprozess nicht immer den erforderlichen Stellenwert. Die grosse Anzahl an Projekten, die zurzeit in Planung sind, erfordert grundsätzliche strategische Überlegungen bei welchen Projekten die Schweizer Fachstelle den Rechtsweg beschreiten soll, um die nachhaltige Umsetzung des BehiG zu unterstützen.
Neues Merkblatt «Hebesysteme»
Hebesysteme kommen in bestimmten Situationen für Höhenüberwindung mit einem Rollstuhl zum Einsatz, wenn z.B. der Einbau eines Lifts nicht möglich ist. Das Merkblatt Nr. 27 zeigt auf, welche Systeme sich für welche Anwendungen eignen und legt ein Händlerverzeichnis vor.
Kann die Erschliessung der Bühne in einem Veranstaltungssaal z.B. nicht stufenlos erfolgen, ist der Einsatz einer Hebebühne eine geeignete Massnahme. Im privaten Eigenheim sind Treppenlifte eine Lösung für Menschen mit Gehbehinderung, um nach einem Umfall oder aufgrund altersbedingter Einschränkungen in ihrer eigenen Wohnung bleiben zu können.
Nicht jede Hebeeinrichtung ist hingegen für jede Anwendung geeignet. Das neu erstellte Merkblatt 027 beschreibt die verschiedenen auf dem Markt erhältlichen Systeme, ihre Eignung für unterschiedliche Situationen und legt ein Händlerverzeichnis vor.