Fussweg durch Siedlung
Wohnbauten sind attraktiv, zeitgemäss und nachhaltig, wenn sie hindernisfrei zugänglich, besuchsgeeignet und bei Bedarf an individuelle Bedürfnisse anpassbar sind. Grössere Wohnbauten müssen dies per Gesetz erfüllen.

In die Kategorie II der Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» fallen alle Wohnbauten, die nicht für eine spezifische Nutzergruppe mit höheren Anforderungen konzipiert sind. Die kantonalen Baugesetze legen fest, wann Bauherren verpflichtet sind, hindernisfrei und anpassbar zu bauen. Im Rahmen der Mindestvorgaben des Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) definieren sie, ab wie vielen Wohneinheiten die Wohnungen hindernisfrei zugänglich und das Wohnungsinnere anpassbar sein müssen. In den meisten Kantonen sind Massnahmen für den Bau und Umbau von Wohngebäuden ab vier oder fünf Wohneinheiten vorgegeben.

Neben der gesetzlichen Vorgabe kann selbstverständlich auch die Bauherrschaft aus sozioökonomischen Gründen eine hindernisfreie Bauweise festlegen. Eine annähernde Chancengleichheit bei der Wohnungssuche ergibt sich erst, wenn möglichst alle Wohnungen hindernisfrei zugänglich und anpassbar sind.

Hindernisfreie Wohnbauten mit anpassbaren Wohnungen sind die nachhaltigste Bauweise in einer Gesellschaft, deren Individuen natürlicherweise älter werden, vorübergehend oder dauerhaft mit Mobilitätseinschränkungen konfrontiert sein können und so selbständig wie möglich leben wollen. Diese Bauweise reagiert intelligent, indem sie alle absolut unüberwindbaren Barrieren im Vorfeld verhindert und eine individuelle Anpassung ermöglicht.

Welche Anforderungen mindestens erfüllt werden müssen wenn Bauvorschriften, Subventionsbestimmungen oder die Bauherrschaft hindernisfreies Bauen vorschreiben, ist in der Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» in den Kapiteln 9 und 10 geregelt. Die Norm ist in den meisten kantonalen Baugesetzen als verbindliche Vorgabe verankert. Sie kann beim Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein bezogen werden.

Nennen kantonales Gesetz oder die Bauherrschaft die Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» als Planungsgrundlage für ein Gebäude mit Wohnungen, ergeben sich nachfolgende drei Grundsätze (Ziffer 1.3.3.1):

  1. Rollstuhlgerechte Erreichbarkeit der Wohnungen
  2. Eignung der Wohnungen für alle Besucher
  3. Anpassbarkeit des Wohnungsinneren

Dies entspricht dem Konzept des «Anpassbaren Wohnungsbaus», das die Schweizer Fachstelle für hindernisfreie Architektur in den 90er Jahren entwickelt hat.

Abgrenzung zu Bauten mit erhöhten Anforderungen

Bauten, die explizit für spezielle Nutzergruppen geplant und eingerichtet werden, haben spezifische Anforderungen zu erfüllen, die bei Planungsbeginn für das konkrete Vorhaben festgelegt werden müssen. Zu spezifischen Wohnformen zählen z.B. Alterswohnungen, Wohn- oder Pflegeeinrichtungen. Entsprechende Bauten haben erhöhte Anforderungen zu erfüllen, die über die allgemeinen Anforderungen an Wohnbauten hinausgehen und von der Norm SIA 500 nicht abgedeckt werden können (Ziff. 0.1.5 und 1.3.3.2). Sie müssen dem jeweiligen Zweck entsprechen und mit Besteller und Betreiber genau bestimmt werden.

Bei «Altersgerechten Wohnbauten» werden im Unterschied zum anpassbaren Wohnungsbau die erforderlichen Massnahmen für die Nutzung mit den häufigsten altersbedingten Einschränkungen bereits von Anfang an umgesetzt. Weil das Anforderungsprofil für Menschen im Alter homogener ist als jenes für jüngere Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, und weil die Nachfrage an Alterswohnungen gross ist, kann es sinnvoll sein, ergänzend zu hindernisfrei – anpassbaren Wohnungen auch solche mit einem spezifischen, altersgerechten Grundstandard nach den Richtlinien «Altersgerechte Wohnbauten» der Fachstelle bereitzustellen. Im Unterschied zu Pflegeeinrichtungen haben sie eine möglichst grosse Selbständigkeit der Bewohnenden zum Ziel.

Für mit Bundeshilfe geförderte, altersgerecht gestaltete Wohnbauten werden die Anforderungen vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) im Merkblatt «Gestaltung von altersgerechten Wohnbauten» festgelegt.

Abgrenzung zu Studentenunterkünften

Studentenunterkünfte sind sinngemäss wie ein Beherbergungsbetrieb zu behandeln (Ziffer A.7.1). Damit wird gewährleistet, dass ein angemessener Teil der Wohneinheiten einen rollstuhlgerechten Sanitärraum und ausreichend Bewegungsfläche bietet. Eine individuelle Anpassung der Wohneinheit wäre für die zeitlich begrenzte Nutzungsdauer wirtschaftlich nicht zumutbar. Im Vergleich zu Hotels und Unterkünften ergeben sich aus der Nutzung selber weitere Anforderung an Kochgelegenheiten, Spiel-, Sport- und Aufenthaltsräume, sowie an Flächen für Abstellräume, Veloparkierung etc.

 

Stand 10.01.2023

      Bauten mit Wohnungen: Anpassbare Wohnungen.