Eine gut geplante und auf die Sehaufgabe ausgerichtete Beleuchtung verleiht sehbehinderten und hörbehinderten Menschen Sicherheit und Orientierung. Das Lesen von Mundbewegungen ist dadurch auch erleichtert.

Für die Beleuchtung von Innenräumen in öffentlich zugänglichen Bauten verweist die Norm SIA 500 auf die Europäische Norm SN EN 12464-1, für die Beleuchtung von Aussenräumen auf die SN EN 12464-2 (Ziff. 4.4). Weitere Informationen zu den Anforderungen an eine Beleuchtung werden in der Norm SIA 500 im Anhang D beschrieben.

Die Einhaltung der Vorgaben an Beleuchtungsstärke, Leuchtdichteverteilung, Blendungsbegrenzung und Reflexionsvermeidung ist unbedingt erforderlich, damit Menschen mit Seh- und Hörbehinderung eine Baute sicher nutzen können.

Die Vorgaben der SIA 500 sind nicht ausreichend für Bauten mit erhöhten Anforderungen (Ziff. 0.1.5). Insbesondere an die Beleuchtung gelten für Bauten in denen sich ältere oder sehbehinderte Menschen aufhalten, wie Alters- und Pflegeeinrichtungen, höhere Anforderungen. Die SN EN 12464-1 verweist darauf, dass für Personen mit erhöhtem Lichtbedarf die Werte angepasst werden müssen. Die Broschüre «Sehbehinderte Menschen in Alterseinrichtungen» von l’Association pour le Bien des Aveugles et malvoyant, Genève, und die Richtlinien SLG 104 «Alters- und sehbehindertengerechte Beleuchtung im Innenraum» sind zu beachten.

Beleuchtungsstärke

Für einige Räume und Sehaufgaben werden in der Norm SIA 500 minimale Wartungswerte für die Beleuchtungsstärke angegeben. Diese beziehen sich auf die Norm SN EN 12464-1, wobei sie für Treppen und Rolltreppen sowie für Klassenräume (Tagesschulen) um eine Stufe angehoben wurden (Anh. D.1.1.1). Diese Wartungswerte sind bei der Planung mit einem Planungsfaktor zu multiplizieren um Alterung und Verschmutzung zu berücksichtigen (Ahn. D.1.1.2). Folgende Tabelle fasst, die für das hindernisfreie Bauen, wesentlichen Beleuchtungsstärken zusammen (Anh. D.1.1.3):

Raum oder TätigkeitBeleuchtungsstärke in lx
WartungswertBemerkungen
Verkehrszonen
Parkierungsanlagen, Parkflächen
Zirkulationswege, Gänge
Treppen, Rolltreppen
Warteräume, Garderoben

75
100
200
200
Die Beleuchtung der Aus- und Eingänge soll eine Übergangszone schaffen, um einen plötzlichen Wechsel der Beleuchtungsstärke zwischen innen und aussen während des Tages und der Nacht zu vermeiden.
Arbeitsplätze
Büroarbeitsplätze, Sitzungsräume
Küchen
feinmechanische Arbeiten

500
500
1000
Installation zusätzliche Arbeitsplatzleuchten einplanen
Öffentlich zugängliche Räume
Selbstbedienung, Kantinen
Kassen, Schalter
Konferenzräume, Lesebereiche

200
300
500
Schulen und Versammlungsräume
Klassenzimmer (Tagesschule)
Abendschule, Hörsäle, Übungsräume

500
500
Installation zusätzlicher Arbeitsplatzleuchten für Sehbehinderte einplanen,
gezielte Beleuchtung der Referenten
Wohnungen
Küche, Bad, Lesen, Handarbeiten
siehe Verkehrszonen und ArbeitsplätzeInstallation zusätzlicher Leuchten für individuelle Bedürfnisse einplanen

Beleuchtungsstärken auf vertikalen Flächen

Die in SN EN 12464-1 angegebenen Werte der Beleuchtungsstärken gelten für die Bewertungsfläche der Sehaufgabe, welche horizontal, vertikal oder geneigt sein kann. Für das Ablesen und Absehen der Sprechbewegungen, das Lesen von Informationstafeln usw. ist die Beleuchtungsstärke auf vertikalen Flächen ausschlaggebend. Sie ist auch massgebend für die Leuchtdichte der Wände und trägt zu einer gleichmässigen Leuchtdichteverteilung im Gesichtsfeld bei. In der Regel soll die mittlerer Beleuchtungsstärke auf vertikalen Flächen das 0.3 bis 0.7-fache der horizontalen Beleuchtungsstärke betragen ( Anh. D.1.2).

Leuchtdichteverteilung

Die Gleichmässigkeit der Beleuchtung ist ausschlaggebend für die Vermeidung von Relativblendung. Folgende Anforderungen sind zu beachten:

  • Leuchtdichteunterschiede im Blickfeld sollen das Verhältnis von 1:10 nicht überschreiten.
  • Dunkle Zonen und starke Schattenbildung sind zu vermeiden, insbesondere grossflächige und harte Schlagschatten, welche die Sicherheit beeinträchtigen. Z.B. auf Verkehrswegen und Treppen.
  • Der Reflexionsgrad von Decken soll mindestens 0.6, jener von Wänden mindestens 0.3 betragen, um eine ausgewogene Leuchtdichteverteilung zu gewährleisten.

Blendungsbegrenzung

Aufgrund ihrer Ursachen werden verschieden Arten von Blendung unterschieden:

  • Adaptationsblendung: unvermittelte Änderung der Leuchtdichten im Gesichtsfeld, z.B. beim Übertritt vom Hellen ins Dunkle oder umgekehrt.
    Diese Blendung kann im Bereich von Ein- und Ausgängen sowie vom Treppen und Raumübergängen zwischen unterschiedlich belichteten Räumen eine Rolle spielen
  • Absolutblendung: zu hohe Leuchtdichten im Gesichtsfeld, die durch Adaptation nicht ausgeglichen werden können.
    Absolutblendung kommt in Innenräumen praktisch nicht vor.
  • Relativblendung: zu grosser Leuchtdichtenunterschied im Gesichtsfeld, z.B. zwischen der leuchtend Fläche, einer Leuchte und der Leuchtdicht der Umgebung
    Die häufigsten Blendprobleme bei der natürlichen und künstlichen Beleuchtung von Innenräumen sind auf Relativblendung zurückzuführen, die durch ungenügend geschützte Lichtquellen verursacht ist.

Der Grad der Direktblendung durch Leuchten im Innenraum ist gemäss SN EN 12464-1 nach der Tabellenmethode des CIE Unified Glare Rating-Verfahrens zu bestimmen. Die Norm legt zudem Mindestabschirmwinkel in Abhängigkeit der Lampen-Leuchtdichte fest.

UGR-Werte von mehr als 19, wie sie in einigen Bereichen, z.B. in Korridoren, Eingangshallen usw. gemäss den geltenden Normen zulässig sind, verursachen bei den meisten Menschen mit Sehbehinderung bereits eine erhebliche Verringerung der Sehleistung. Nach Möglichkeit sollen niedrigere Werte als die maximal zulässigen umgesetzt werden.

Blendung durch Tageslicht kann hervorgerufen werden durch:

  • im Blickbereich liegende Teile des Himmels
  • direktes Sonnenlicht
  • lichtstreuende Verglasungen
  • helle oder spiegelnde Flächen angrenzender Bauten
  • Oberflächen von Gewässern oder mit Schnee bedeckten Flächen

Sonnenschutzeinrichtung (Vordächer, Markieren usw.) sind gemässe SN EN 12464-1 praktisch immer notwendig.

Blendung durch Reflexion

Reflexblendung wird verursacht durch Spiegelungen von Lichtquellen auf glänzenden Oberflächen. Dadurch können zu grosse Leuchtdichteunterschiede im Gesichtsfeld entstehen, was Relativblendung bewirkt. Glanz auf dem Sehobjekt vermindert im Allgemeinen die dort vorhandenen Kontraste und verschlechtert damit die Sehbedingungen. Spiegelungen im Umfeld stören und ziehen die Aufmerksamkeit an. Sehbehinderte Personen haben Mühe, Spiegelungen von realen Objekten zu unterscheiden, was zu Fehlinterpretationen provoziert und ihre Sicherheit gefährdet.

Reflexionen und Reflexblendung werden vermieden durch:

  • matte Oberflächen
  • geeignete Anordnung der Lichtquelle und damit geeignete Lichteinfallsrichtung
  • indirekte Beleuchtung (hoher Reflexionsgrad von Raumbegrenzungsflächen erforderlich)
  • grossflächig leuchtende Decken oder grossflächige Leuchten mit geringer Leuchtdichte

 

Stand 10.11.2020