Je nach Situation und Nutzung müssen für Personen im Rollstuhl, mit Rollator oder Kinderwagen unterschiedlich dimensionierte Bewegungsflächen in Korridoren, bei Türen, Windfängen, Parkfeldern, usw. vorhanden sein.

Die Kapitel 3 und 7 der Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» regeln die Anforderungen an Bewegungsflächen und deren Dimensionierung. Dieser Beitrag vermittelt eine Übersicht.

Grundsätze für Bewegungsflächen

  • gefällefreie Bewegungsflächen, ausgenommen auf Rampen oder in Räumen deren Zweck ein Gefälle erfordert (Ziff. 3.2.2)
  • Entwässerungsgefälle vorzugsweise längs zur Hauptgehrichtung, Entwässerungsgefälle quer dazu ≤ 2%
  • ebene, gut befahrbare und gleitsichere Bodenbeläge
  • keine Hindernisse im Bewegungsraum

Je nach Zweck der Bewegungsfläche gelten zudem weitere Anforderungen an Bewegungsflächen:

Aussenwege

  • Minimale nutzbare Breite: ≥ 1.20 m (Ziff. 3.4.1)
  • Wege Aussenraum v2016Bei Richtungsänderungen von ≥ 45°: äußerer Radius der nutzbaren Wegbreite min. 1.90 m (Ziff. 3.4.3.1 und Auslegung SIA 500, 2018, A04)

 

 

 

  • Eine Wendefläche von 1.40 x 1.70 m muss alle 15.00 m (Richtwert) verfügbar sein (Ziff. 3.4.2).
  • Feste Schikanenelemente, die quer zur Bewegungsrichtung und versetzt angeordnet sind, dürfen die Durchfahrt mit dem Rollstuhl nicht behindern. Die Norm SIA 500 definiert Mindestabstände zwischen den Schikanenelementen in Abhängigkeit der Durchfahrbreiten (3.4.3.2). Die Dimensionen decken sich mit den Angaben in der VSS Norm für den Verkehrsraum. Gemäss VSS 640 075 «Hindernisfreier Verkehrsraum» (Ziff. 22 und Anh. 11.4), sind Schikanen zu vermeiden. Wo sie aus Sicherheitsgründen erforderlich sind, müssen die Durchfahrbreiten und der Abstand zwischen den Schikanenelementen in Wegrichtung die Mindestdimensionen gemäss folgender Grafik erfüllen:

 

Bildschirmfoto 2017-01-31 um 09.31.43 Bildschirmfoto 2017-01-31 um 09.31.26

Freie Bewegungsfläche vor Türen

  • Türbedienung v2016Bei einer nicht automatisierten Türe ist eine freie Fläche neben dem Türgriff auf der Seite des Schwenkbereichs erforderlich. Diese Fläche muss eine Breite x von min. 0.60 m aufweisen. Wird der Türflügel 90° geöffnet, muss eine freie Länge y von min. 0.60 m vorhanden sein, so dass die Summe von x und y min. 1.20 m beträgt (Ziff. 3.3.3.1).
           x + y = min. 1.20 m
    Im Fall eines Umbaus oder einer Instandsetzung ist es zulässig, x bis auf 0.20 m zu reduzieren, wenn die Summe x + y  = min. 1.20 m eingehalten wird.
  • Liegt eine Türe neben einem Treppenabgang oder einer anderen Sturzstelle, muss der Abstand zwischen der Türleibung und der Absturzsstelle (Treppenaustritt) min. 0.60 m betragen (Ziff. 3.3.3.2).

Tür-Treppen / Escalier-porte 1Tür-Treppen / porte-marches 2

Windfang

  • Sas v2016Grösse: min. 1.40 x 1.40 m,
    Die oben erläuterte Summe x + y = min. 1.20 m muss bei nicht automatisierten Türen erfüllt werden (Ziff. 3.3.5).

 

 

Karusselltüren und Drehkreuze

  • Zusätzliche automatisierte Türen oder Durchgänge müssen vorgesehen werden, um Karusselltüre und Drehkreuze umgehen zu können. Sie müssen die Anforderungen an Türen erfüllen (Ziff. 3.3.6.1).

Bedienelemente und Kassenautomaten

Im Fall einer kostenpflichtigen Parkierungsanlage muss mindestens eine Kassenanlage vom Rollstuhl aus bedienbar sein:

  • Höhe der Bedienelemente: 0.80 – 1.10 m über Boden (Ziff. 6.1.1); diese Höhe gilt für Kartenschlitz, Kundentastatur, Notenschlitz und Elemente zum Bargeldeinwurf (Auslegung 25.09.2015). Kann der Automat nicht über den Ziffernblock bedient werden, müssen auch die Funktionstasten für die Bedienung auf der entsprechenden Höhe angeordnet sein. Ist die Bedienung über den Ziffernblock möglich müssen weitere derselben Funktion dienende Tasten nicht zwingend normkonform sein (Ziff. 6.1und Auslegung SIA 500, 2018, A12).
  • Freifläche vor den Bedienelementen: Beidseitige mit einer Breite von 0.70 m
    (Ziff. 6.1.2)
  • Wendefläche vor dem Kassenautomaten: min. 1.40 x 1.70 m  (Ziff. 3.4.2).
  • Rückversetzung in Nischen oder hinter vorstehenden Elementen (z.B. Ablagen, Sockel) (Ziff. 6.1.3):
    – max. 0.25 m
    – bis max. 0.60 m im Falle der Unterfahrbarkeit, z.B. einer Ablage

 

  • minimale Abstände zwischen Bedienelementen von einem Automat und Mauer oder Möbelelement

 

 

 

 

 

 

  • minimale Abstände zwischen Bedienelementen von einem Automat und dem nächsten Hindernis

 

 

  • Rücksetzung in einer Nische: max. 0.25 m

Korridore und Wege im Gebäude

  • KorridorbreiteBreite: min. 1.20 m; nutzbare Höhe: min. 2.10 m
  • Für geradläufige Durchgänge mit Längen von 0.60 m bis 2.00 m gilt eine Mindestbreite von 1.00 m; solche Durchgänge mit seitlich angeordneten Türen gelten jedoch als Korridore.
  • Breite zwischen 1.00 und 1.20 m bei Umbau oder Renovation – d.h. nur wenn im Bestand nicht korrigierbar) – zulässig, wenn die Summe der nutzbaren  Tür- oder Durchgangsbreite x und der Korridorbreite min. 2.00 m beträgt
       x + y = min. 2.00 m (Ziff. 3.4.1)
  • Eine Wendefläche von 1.40 x 1.70 m muss mindestens alle 15.00 m verfügbar sein (Ziff. 3.4.2).

Hindernisse

  • Als Hindernis gelten Konstruktionselemente oder Ausstattungsteile, die auf dem Boden stehen, seitlich um mehr als 0.10 m in den Bewegungsraum ragen oder die nutzbare Höhe von 2.10 m unterschreiten (Ziff. 3.4.4.1).
  • Niedrige Objekte und Bauteile bis 1.0 m Höhe, wie z.B. Pfosten die frei in der Bewegungsfläche stehen, müssen die Mindestdimensionen gemäss Tabelle aufweisen, damit sie mit dem weissen Stock sicher ertastet werden können (Ziff. 3.4.4.4).

Obstacles

HöheMinimale Seitenlängen
oder minimaler Durchmesser
1.0 m0.1 m
0.8 m0.2 m
0.6 m0.3 m
0.4 m0.5 m
0.2 m0.7 m

 

  • Hindernisse müssen entweder mit einer Markierung hervorgehoben werden, welche einen Helligkeitskontrast von KM ≥ 0.3 aufweisen oder sich als Ganzes kontrastreich vom Hintergrund abheben (Ziff. 3.4.4.2).
  • Auskragende Hindernisse, wie Informationstafeln, Schaukästen, Treppenläufe, geneigte Bauteile, usw. deren Unterkante höher als 0.30 m über Boden liegt, sind mit einem Geländer oder ähnlichem abzuschranken.
  • Abschrankungen haben eine Höhe von 1.00 m (Richtwert). Für die Ertastbarkeit ist eine Traverse max. 0.30 m über Boden oder ein Sockel von min. 30 mm Höhe erforderlich. Enden und Ecken von Abschrankungen müssen einen durchgehenden vertikalen Abschluss aufweisen (Ziff. 3.4.4.3 und 3.4.5).

Durchsichtige Wände und Türen

Durchsichtige Wände und Türen als seitliche Abgrenzung der Bewegungsflächen sowie insbesondere quer zur Bewegungsrichtung angeordnete Türen und Wände sind mit Markierungen zu kennzeichnen (Ziff. 3.4.7):

  • Undurchsichtige (nicht transparente) Markierung über die ganze Länge
  • Höhe der Markierung zwischen 1.40 und 1.60 m über Boden
  • Min. 50% der Fläche zwischen 1.40 m und 1.60 m über boden muss mit einer Markierung gekennzeichnet sein.
  • Abstand zwischen einzelnen Markierungselementen: max. 0.10 m
  • Vorzugsweise sind eine helle und eine dunkle Farbe kombiniert anzuwenden um den erforderlichen Kontrast zu erreichen, da die Helligkeit des Hintergrundes variieren kann.

Rampen

Für die Bewegungsflächen auf Rampen gelten grundsätzlich dieselben Anforderungen wie in Korridoren. Manövrierflächen an Beginn und Ende der Rampe, bei Richtungsänderungen und seitlichen Durchgängen oder Türen sind auf einem Podest anzuordnen. Zudem gelten die Vorgaben an das Gefälle von Rampen (Ziff. 3.5.1 und Auslage SIA 500, 2018 A05).

  • Minimale Rampenbreite: ≥ 1.20 m
  • Mit einer Randaufbordung von mindestens 0,10 m als Führung und Radabweiser, ist bei Niveauunterschieden bis 0,40 m eine Rampenbreite von mindestens 1,00 m bedingt zulässig.
  • gefällefreies Podest mit einer Länge von min. 1.40 m an Beginn und Ende der Rampe sowie vor Türen und Durchgängen (Anforderungen an Bewegungsflächen vor Drehflügeltüren sind einzuhalten);
  • gefällefreies Podest bei Richtungsänderungen von ≥ 45° mit einer Fläche von min. 1.40 x 1.40 m (Ziff. 3.5.3.1).
  • Bei einem Höhenunterschied von mehr als 1.50 m, ist ein Zwischenpodest mit einer Länge von min. 1.40 m erwünscht (Ziff. 3.5.3.2).

Aufzüge

Die Bewegungsfläche im Aufzug bzw. die Kabinengrösse richtet sich nach dessen Nutzungszweck und dem Gebäudetyp (Ziff. 3.7 und Auslegung SIA 500, 2018, A09). Vor dem Aufzug gelten folgende Anforderungen an die Bewegungsflächen:

Aufzüge_Öff_Zugä_Bauten Dez.2016

  • Vor Schachttüren muss eine freie Fläche von 1.40 x 1.40 m vorhanden sein (Ziff. 3.7.2).

 

 

 

  • Aufzüge_Öff_Zugä_Bauten Dez.2016-2Abstand zwischen der Aussenkante der Türleibung und einem seitlich zum Aufzug angeordneten Treppenaustritt min. 0.60 m (Ziff. 3.7.2).

 

 

 

  • Für den Zugang zum Bedienelement muss die Bewegungsfläche beidseitig des Ruftasters, eine Mindestbreite von 0.70 m aufweisen.
  • Der Abstand zwischen dem Ruftaster und jeglichen Raumecken oder Vorsprüngen von mehr als 0.25 m Tiefe beträgt min. 0,70 m (Ziff. 3.7.5, 6.1.2 und 6.1.3).

Für weitere Anforderungen an Aufzüge siehe Merkblatt 020 «Aufzuganlagen»

Hebebühnen und Treppenlifte

Hebebühnen und Treppenlifte sind nur bei Umbauten oder Instandsetzungen zulässig sofern keine geeignetere Lösung möglich ist (Ziff. 3.8.1). Für ihre Benutzung sind folgende Bewegungsflächen erforderlich:

  • Eine freie Fläche von 1.40 x 1.40 m ohne Gefälle muss an allen Stationen vorhanden sein;
  • wenn der Zu- und Weggang ohne Richtungsänderung erfolgt, kann die Zugangsbreite auf die Breite der Förderplattform (min. 1.10 m) reduziert werden (Ziff. 3.8.2).
  • Dimension der Förderplattform für Hebebühnen: min. 1.40 m lang und 1.10 m breit; sofern auf der Plattform eine Richtungsänderungen von mehr als 45° erforderlich ist, muss die Plattform min. 1.40 x 1.40 m gross sein.
  • Dimension der Förderplattform eines Treppenlifts: min. 1.25 m lang und 0.80 m, vorzugsweise 0.90 m breit
  • Treppenlifte dürfen gemäss SN EN 81-40 nur im sitzen genutzt werden. Um die Benutzung allen zu ermöglichen, ist der Treppenlift mit einem Klappsitz auszustatten. (Ziff. 3.8.5und Auslegung SIA 500, 2018, A10).

Gästezimmer Typ I, rollstuhlgerecht

Das Gästezimmer Typ I muss die folgenden Anforderungen an Bewegungsflächen erfüllen:

  • Bewegungsfläche ohne Stufen oder Absatz
  • Durchgänge mit nutzbarer Breite von min. 1.00 m
  • Freie Wendefläche von min. 1.40 x 1.40 m bei Richtungsänderungen von ≥ 45°
  • Freie Fläche mit einer Breite von min. 1.40 m an einer Längsseite des Bettes (Ziff. 7.9.1.2)

Zwei Beispiele:

Chambre d'hôtes / Gästezimmer Typ I, Variante 1

 

Die Nasszelle hat folgende Anforderungen zu erfüllen:

  • Raum mit einer Breite und Länge von min. 1.80 m,
  • Eine Manövrierfläche vor jedem Sanitärapparat von min. 1.20 x 1.20 m; Überschneiden der Manövrierflächen ist zulässig bis max. 0.10 m; idem wenn ein unterfahrbarer Sanitärapparat eine Manövrierfläche überdeckt (Ziff. 7.9.1.4).

Gästezimmer Typ II, für Menschen mit Gehbehinderung geeignet

Das Gästezimmer Typ II muss die folgenden Anforderungen an Bewegungsflächen erfüllen:

  • Bewegungsfläche ohne Stufen oder Absatz
  • Durchgänge oder Türen mit einer nutzbaren Breite von min. 0.80 m
  • Freie Fläche mit einer Breite von min. 1.20 m im Eingangsbereich und Korridor
  • Freie Fläche mit einer Breite von min. 1.20 m an einer Längsseite des Bettes (Ziff. 7.9.2.1)

Zwei Beispiele:

 

Die Nasszelle hat folgende Anforderungen an die Bewegungsflächen zu erfüllen:

  • Vor jedem Sanitärapparat, nutzbare Zugangsbreit von min. 0.80 m,
  • Offenstehende Türflügel oder andere fest montierte Elemente dürfen diesen Zugang nicht erschweren (Ziff. 7.9.2.2).

Rollstuhlgerechte Parkplätze

Der Parkplatz sollte wenn möglich witterungsgeschützt und nahe des rollstuhlgerechten Gebäudezugangs liegen und folgende Dimensionen aufweisen (Ziff. 7.10.3 und Auslegung SIA 500, 2018, A18):

  • Anordnung auf ebener Fläche, ein Entwässerungsgefälle von 2% ist zulässig
  • Senkrecht- und Schrägparkfelder: min.3.50 m breit, rechtwinklig zu den seitlichen Begrenzung gemessen,
  • Längsparkfelder, Länge: min. 8.00 m; eine freie Bewegungsfläche von  min. 1.40 m Breite und ohne Absatz zum Parkfeld ist seitlich der Fahrertüre erforderlich.
  • Vorzugsweise seitlich nicht an angrenzende Bauteile, wie z.B. Wände, Stützen, Abschrankungen usw. anordnen. Die Benutzung von rollstuhlgerechten Parkplätzen sollte nicht benachteiligend wirken. Ist dies nicht möglich, muss der zusätzliche Abstand zwischen Parkplatz und Bauteilen gemäss Norm SN 640 291a eingehalten werden.

Fluchtwege

  • Für die Fluchtwege müssen die oben erwähnten Punkten betreffend freie Fläche vor Türen, Durchgängen, Wegen, Rampen, Treppen usw. erfüllen (Ziff. 8.1.1).
  • Bei manuell bedienten Drehflügeltüren mit Fluchtwegeigenschaften ist die freie Fläche neben dem Türgriff auf der Seite des Schwenkbereichs in Fluchtrichtung nicht erforderlich (Auslegung A09, AG SIA 500 N227, 26.01.2017).

Brandgesicherte Bereiche

Personen mit Behinderung, welche aufgrund von Stufen oder Treppen das Gebäude nicht selbstständig verlassen können, müssen im Brandfall in einem brandgesicherten Raum wie z.B. einem Büro, Gästezimmer, Korridorabschnitt, usw. oder in einer Rettungskoje auf Hilfe warten können (Ziff. 8.2.1).

  • Wartefläche für eine Person mit Rollstuhl: min. 0.80 x 1.40 m bei Zufahrt von der Schmalseite,
  • Zugangsweg zum Wartebereich: Breite min. 1.20 m (Ziff. 8.2.2).

Espaces sécurisés / brandgesicherte Bereiche

 

 

 

Stand 18.09.2019

 

Auslegungen zur Norm SIA 500 aus dem Jahr 2018

Zu diversen Themen sind in den Auslegungen zur Norm SIA 500:2009 aus dem Jahr 2018 Anmerkungen, Erläuterungen und Interpretationen zu finden, die die Anforderungen präzisieren.
– Auslegung A04: Gebäudezugangsrampen
– Auslegung A05: Gefälle von Rampen
– Auslegung A09: Platzbedarf vor Liften
– Auslegung A10: Ausstattung von Treppenliften
– Auslegung A12: Funktionstasten bei Geldautomaten
– Auslegung A18: Anordnung des rollstuhlgerechten Parkplatz