Broschüre Hindernisfrei in Franken und Rappen
Die Kosten sind bei einem Umbau höher als bei einem Neubau, verhältnismässige und günstige Lösungen sind jedoch in den meisten Fällen möglich.

Menschen mit einer Behinderung können nicht warten, bis sich der Gebäudebestand der Schweiz rundum erneuert und damit hindernisfrei wird. Es ist nötig, dass Barrieren und Hindernisse auch in bestehenden Gebäuden beseitigt werden – sprich: dass möglichst viele Gebäude behindertengerecht angepasst werden.

Wann ist es wirtschaftlich zumutbar, ein Gebäude nachträglich anzupassen? Was kostet eine Rampe, ein Rollstuhlparkplatz, ein Treppenlift? Die Antworten aus der Nationalfonds-Studie der ETH sind so überraschend wie erfreulich.

Wo grosse Gebäude von Beginn weg hindernisfrei geplant werden, gibt es kaum Mehrkosten. Und auch bei kleineren Projekten lohnt sich eine konsequent hindernisfreie Bauweise, die das Gebäude komfortabler und funktionaler macht. Wesentlich teurer ist es, bestehende Gebäude nachträglich hindernisfrei werden zu lassen.

So viel kostet hindernisfreies Bauen bei Umbauten

Das Forschungsprojekt «Behindertengerechtes Bauen – Vollzugsprobleme im Planungsprozess», Teil A «Technische und finanzielle Machbarkeit», durchgeführt durch die ETH Zürich, Professur für Architektur und Baurealisation, hat die Kosten bei Umbauten anhand von exemplarischen Fallbeispielen ermittelt. Es kommt zu folgenden Erkenntnissen:

  • Nachträgliche Anpassungen sind stets individuell auf das Gebäude und dessen Nutzung abzustimmen.
  • Verhältnismässige und günstige Lösungen sind in vielen Fällen möglich.
  • Die Kosten hängen stark von der Grösse und der Art des Gebäudes ab.

Wenn eine öffentlich zugängliche Baute erneuert und gleichzeitig hindernisfrei gemacht wird, verursacht dies im Mittel Kosten von 3,5 % des Gebäudewertes.

  • Bei Bausummen von weniger als einer halben Million Franken sind durchschnittlich Zusatzkosten bis zu 15 % des Objektwertes erforderlich. Typische Beispiele für diese Kategorie sind Gebäude mit einem Laden oder einem Restaurant im Hochparterre. Um diesen öffentlichen Bereich für Rollstuhlfahrende zugänglich zu machen, muss in der Regel eine Rampe  eine Hebebühne oder ein Treppenlift eingebaut werden.
  • Bei grösseren Bauten mit Umbausummen über 15 Millionen Franken betragen die Zusatzkosten in der Regel weniger als 1 % des Objektwertes, da diese Gebäude meist schon vor dem Umbau über einen Aufzug verfügen.
  • Im Einzelfall können die Kosten für die Anpassungsarbeiten zwar hoch erscheinen, im Vergleich zum Gesamtwert der Baute relativieren sie sich jedoch: Bei mehr als der Hälfte der untersuchten Fallbeispiele liegen die zusätzlichen Kosten unter 5 % des Gebäudeversicherungswertes.

Wenn Mehrfamilienhäuser erneuert und gleichzeitig hindernisfrei gemacht werden, sind keine durchschnittlichen Kosten erkennbar. Die erforderlichen Aufwendungen um bestehende Wohnbauten so nachzurüsten, dass sie hindernisfrei zugänglich werden und anpassbare Grundrisse aufweisen, sind wesentlich von der vorhandenen Bausubstanz abhängig.

  • Kostentreibend sind das Einbauen von Aufzügen, das Vergrössern und Anpassen von Nasszellen, das Anpassen der Kücheneinrichtung, das Versetzen von Wänden sowie das Beseitigen von Schwellen bei Balkonen und Terrassen.

Grafik Kosten bei Anpassung

Relativ teuer sind nachträgliche Anpassungen bei kleinen Bauten

Werden Bauten von Anfang an hindernisfrei geplant, erhöhen sich die Erstellungskosten im Mittel nur um rund 1.8 Prozent. Ein Gebäude erst nachträglich hindernisfrei zu machen kostet also rund eineinhalb mal so viel wie die Einplanung des hindernisfreien Bauens von Beginn weg.

 

Weiterführende Informationen über die Kosten der häufigsten Massnahmen, sowie Angaben über die Wirtschaftlichkeit einer hindernisfreien Architektur sind im Merkblatt «Hindernisfrei in Franken und Rappen» aufgeführt (Stand Juni 2004).

Die Angaben in diesem Beitrag basieren auf den Ergebnissen des Forschungsprojekts «Behindertengerechtes Bauen – Vollzugsprobleme im Planungsprozess» welches als interdisziplinäres Forschungsvorhaben im Rahmen des Nationalfonds-Projektes 45 «Probleme des Sozialstaats» realisiert wurde. Es besteht aus zwei Teilprojekten:

«Technische und finanzielle Machbarkeit» (Teil A)
ETH Zürich, Professur für Architektur und Baurealisation
Prof. Paul Meyer-Meierling, dipl. Arch. ETH SIA, Manfred Huber, dipl. Arch. ETH SIA, Paul Curschellas, dipl. Arch. FH SIA, Kurt Christen, dipl. Arch. ETH SIA, Denise Frei-Reichelt, dipl. Arch. ETH

«Psychische Ursachen der Missachtung baulicher Bedürfnisse behinderter Menschen» (Teil B)
Psychologisches Institut der Universität Zürich, Professor Dr. Heinz Gutscher, PD Dr. Michael Siegrist

Projektkoordination und Fachbegleitung
Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen,
Joe Manser, Architekt, Geschäftsführer

 

Stand 30.06.2017