Beim Umbau entstehen in der Regel höhere Kosten als beim Neubau. Verhältnismässige und günstige Lösungen sind jedoch in den meisten Fällen möglich.

Wohnbauten hindernisfrei-anpassbar neu zu bauen, ist ein Gewinn für alle und entspricht den heutigen Wohnbaustandards. Menschen mit einer Behinderung können jedoch nicht warten, bis sich der Gebäudebestand der Schweiz rundum erneuert hat. Es ist nötig, dass Barrieren und Hindernisse auch in bestehenden Wohngebäuden beseitigt werden – sprich: dass möglichst viele Wohngebäude so ertüchtigt werden, dass sie bei Bedarf an die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner angepasst werden können.

Zu erwartende Kosten

Rollstuhlparkplatz, Treppenlift, rollstuhlgerechtes WC, Türöffnung – was kostet behindertengerechtes Bauen? Welche Zusatzkosten sind für einen Neubau oder einen Umbau zu erwarten?

Erstmals untersucht wurde dies im interdisziplinären Forschungsprojekt «Behindertengerechtes Bauen – Vollzugsprobleme im Planungsprozess» der ETH Zürich. Die Professur für Architektur und Baurealisation (Prof. Paul Meyer-Meierling, dipl. Arch. ETH SIA, Manfred Huber, dipl. Arch. ETH SIA, Paul Curschellas, dipl. Arch. FH SIA, Kurt Christen, dipl. Arch. ETH SIA, Denise Frei-Reichelt, dipl. Arch. ETH) ermittelte 2004 im Teil A des Projektes «Technische und finanzielle Machbarkeit» die Zusatzkosten, die bei Neubauten und bei Anpassung bestehender Bauten entstehen können.

Die Ergebnisse der Studie, die im Rahmen des Nationalfonds-Projektes 45 «Probleme des Sozialstaats» realisiert wurde, werden nachfolgend dargelegt und von der Fachstelle aus heutiger Sicht kommentiert.

Stellungnahme Fachstelle: «Eine aktuelle Überprüfung der Kostenanalyse von 2004 liegt nicht vor. Es ist aber davon auszugehen, dass die Mehrkosten heute geringer ausfallen, weil hindernisfreie Lösungen wie etwa schwellenlose Balkontüren mittlerweile zum Standard gehören und die Investitionskosten für einen Aufzug ebenfalls gesunken sind.»

Wieviel kostet hindernisfreies Bauen bei Neubauten?

Werden Wohnbauten von Anfang an hindernisfrei geplant, erhöhen sich die Erstellungskosten im Mittel zwischen 3,4 % für kleinere Bauten und 1,6 % für grössere.

 Je grösser das geplante Wohngebäude wird, desto günstiger wird das hindernisfreie Bauen.

Wieviel kostet hindernisfreies Bauen bei Umbauten?

Für Mehrfamilienhäuser, die erneuert und gleichzeitig hindernisfrei gemacht werden, können keine durchschnittlichen Kosten ermittelt werden. Die erforderlichen Aufwendungen um bestehende Wohnbauten so nachzurüsten, dass sie hindernisfrei zugänglich werden und anpassbare Grundrisse aufweisen, sind wesentlich von der vorhandenen Bausubstanz abhängig.

  • Die Kosten hängen stark von der Grösse und der Art des Gebäudes ab.
  • Verhältnismässige und günstige Lösungen sind in vielen Fällen möglich.
  • Massnahmen, um bestehende Wohnbauten hindernisfrei-anpassbar umzubauen, sind stets individuell auf das Gebäude abzustimmen.

Kostentreiber sind:

Stellungnahme Fachstelle: «Je nach Eingriffstiefe ergeben sich Synergien beim Umbau, die die Mehrkosten erheblich reduzieren. So kann beispielsweise der Einbau eines Liftschachts gleichzeitig die Erdbebenertüchtigung erfüllen und andere Kosten entfallen lassen oder bei einer energetischen Fassadensanierung schwellenlose Balkontüren eingebaut werden.»

Relativ teuer sind Umbaumassnahmen bei kleinen Bauten

Kosten für die Nachrüstung belaufen sich für grössere Bauten im Mittel auf 4 % und für kleinere Bauten auf 7,2 % des Gebäudewertes. Bei mehr als der Hälfte der Bauprojekte liegen die Kosten für die Anpassungsarbeiten von Bestandsgebäuden unter 5 % des Gebäudeversicherungswertes. Je grösser das Gebäude ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kosten unter diesen Wert sinken. Für kleine Bauten können die Kosten deutlich höher ausfallen. Im Vergleich zum Gesamtwert des Gebäudes relativieren sich die Zusatzkosten jedoch für die Grosszahl der Projekte.

Grafik Kosten bei Anpassung

Kosten einzelner Massnahmen

In der Studie wurden im Jahr 2004 folgende Zahlen für Baumassnahmen ermittelt; neuere Zahlen liegen nicht vor.

  • Aufzug über drei Geschosse bei Neubau                                    75500 CHF
  • Aufzug über drei Geschosse bei Umbau                                   101700 CHF
  • Rampe aus Stahl, 5 Meter lang, mit Handlauf                             7600 CHF
  • Rampe aus Beton, 5 Meter lang, mit Handlauf                           3070 CHF
  • Schwellenloser unterer Türabschluss Balkontür, Neubau          2000 CHF
  • Schwellenloser unterer Türabschluss Balkontür, Umbau           4850 CHF
  • Schwellenloser unterer Türabschluss Innentür, Neubau                   0 CHF
  • Schwellenloser unterer Türabschluss Innentür, Umbau             1200 CHF
  • Türverbreiterung bei Umbau                                                           1900 CHF
  • Eingangstürbeschriftung mit Reliefschrift bei Umbau                   300 CHF

Im Mittel dienen über 72 % aller Zusatzkosten der Erschliessung. Dieser Anteil nimmt mit zunehmender Gebäudegröße ab. 21 % der Zusatzkosten machen Massnahmen für sanitäre Anlagen aus. Hier müssen Duschen schwellenlos befahrbar und das Klosett mit einem Rollstuhl erreichbar sein. Der Anteil für die Verbreiterung von Türen und um Balkone und Terrassen schwellenlos erreichbar zu machen, liegt im Mittel bei 6 %. Die Anteile für Sanitärräume und Türöffnungen sind kaum von der Gebäudegrösse abhängig. Nicht mehr als 1 % aller Zusatzkosten wird für die Integration von Wahrnehmungshilfen gebraucht, die für Seh- und Hörbehinderten von unschätzbarem Wert sind.

Fazit

Teil A des Forschungsprojekts hat gezeigt, dass die Kosten für das “Hindernisfreie Bauen” sowohl von Bauherrschaften wie von Planern stark überbewertet werden. Bei Neubauten sind intelligente Lösungen möglich, die nur geringe Zusatzkosten verursachen. Beim Umbau bestehender Wohngebäude kann die Umsetzung abhängig von der Gebäudegröße bedeutend sein, so dass nicht alle Massnahmen als Verhältnismässig bewertet werden.

  • Wo grosse Gebäude von Beginn an hindernisfrei geplant werden, gibt es kaum Mehrkosten.
  • Bei kleineren Projekten lohnt sich eine konsequent hindernisfreie Bauweise, die das Gebäude komfortabler und funktionaler macht und zur Wertsteigerung der Immobilie führt.
  • Ein Gebäude nachträglich von Hindernissen zu befreien, kostet rund eineinhalbmal so viel wie die Einplanung des hindernisfreien Bauens bereits zu Beginn.

Massgebliche Kosten bei Erneuerungen gemäss Behindertengleichstellungsgesetz BehiG Art. 12

Wann ist es wirtschaftlich zumutbar, ein bestehendes Wohngebäude hindernisfrei-anpassbar umzugestalten?

Die maßgeblichen Kosten zur Abwägung der Verhältnismässigkeit sind im Gesetz wie folgt geregelt:

  • Entweder 5 Prozent des Gebäudeversicherungswerts bzw. des Neuwerts der Anlage (Wert vor der Erneuerung)
  • oder 20 Prozent der Erneuerungskosten (Baukosten ohne Massnahmen zur Beseitigung von baulichen Hindernissen).

Massgeblich ist der jeweils tiefere Wert. Bis zu diesem Grenzwert müssen bauliche Massnahmen bezüglich hindernisfreien Bauens umgesetzt werden.

Weiterführende Informationen über die Kosten der häufigsten Massnahmen, sowie Angaben über die Wirtschaftlichkeit einer hindernisfreien Architektur sind im Merkblatt «Hindernisfrei in Franken und Rappen» aufgeführt (Stand Juni 2004).

 

Stand 02.05.2023

      Bauten mit Wohnungen: Anpassbare Wohnungen und Studentenunterkünfte. Themen Fachinformationen: Renovation / Umnutzung.