Um gehbehinderten Personen ein Maximum an Selbständigkeit, Komfort und Sicherheit zu gewähren, müssen rollstuhlgerechte Toiletten spezifische Anforderungen erfüllen, damit sie für einen möglichst grossen Kreis von Nutzern selbständig nutzbar sind.

Die Anforderungen an rollstuhlgerechte Toiletten in öffentlich zugänglichen Bauten werden in der Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» unter der Ziff. 7.2 sowie im Anhang E.1 festgelegt. Rollstuhlgerechte Toiletten gelten als spezifische Einrichtungen des Typ A, welche vorwiegend oder ausschliesslich von Personen mit Behinderung benutzt werden und gemäss der Norm bereitzustellen sind (Ziff. 1.1).

Für Details zur Ausstattung von rollstuhlgerechten Toiletten, siehe Beitrag «Ausstattung rollstuhlgerechter Toiletten».

Spezifische Anforderungen an rollstuhlgerechte Toiletten

  • Bei öffentlich zugänglichen Toiletten ist mindestens eine rollstuhlgerechte Toilette vorhanden; bei mehrgeschossigen Bauten ist mindestens je eine rollstuhlgerechte Toilette pro Stockwerk (Richtwert) zu erstellen. Je nach Grösse und Nutzung des Gebäudes schreibt die Norm im Anhang A weitere rollstuhlgerechte WC vor (Ziff. 7.2.1.2).
  • Die Toilette muss geschlechtsneutral zugänglich sein (Ziff. 7.2.3.1).
  • Bei Umbau ist der Zugang zur rollstuhlgerechten Toilette über den Bereich der Damen-Toiletten zulässig. Bei Anlagen mit wenigen WC-Kabinen können das Rollstuhl-WC und die Damen-Toilette kombiniert werden (Ziff. 7.2.3.1).
  • Die rollstuhlgerechte Toilette muss mit dem Rollstuhl-Piktogramm gekennzeichnet werden (Ziff. 7.2.1.2).
  • Die Wände, an welchen die Apparate fixiert sind, müssen rechtwinklig zueinander liegen (Ziff. 7.2.2).

Masse und Türen

Die minimalen Raummasse sind durch die Öffnungsrichtung der Tür vorgegeben. Die folgenden minimalen Längen und Breiten sind Fertigmasse und müssen unverändert eingehalten werden (Ziff. 7.2.2, 7.2.3.2 und Anh. E.1).

Hinweis
In der minimalen Fläche von 1.80 x 1.65 m dürfen nur die im Anhang E.1 aufgeführten Elementen hineinragen. Zusätzlich fest montierte Apparate, Armaturen, Hilfseinrichtungen und Zubehör gehören nicht dazu (Anh. E.1 und Auslegung SIA 500, 2018, A29).

WC_Raum mit Türe nach Aussen öffnendTüre nach aussen öffnend

  • Raumdimension min. 1.80 x 1.65 m
  • WC-Schüssel an der 1.65 m breiten Wand
  • Handwaschbecken an der 1.80 m breiten Wand

 

 

 

 

Türe nach innen öffnend

entweder die Raumlänge oder die Raumbreite muss um 0.50 m vergrössert werden (Ziff. 7.2.3.2 und Anh. E.1).

WC mit Türe nach Innen öffnendVariante 1:

  • min. 1.65 x 2.30 m
  • WC-Schüssel an der 1.65 m breiten Wand
  • Handwaschbecken an der 2.30 m breiten Wand

 

 

 

 

WC mit Türe nach Innen öffnend, variante 2Variante 2:

  • min. 2.15 x 1.80 m
  • WC-Schüssel an der 2.15 m breiten Wand
  • Handwaschbecken an der 1.80 m breiten Wand
  • Auf der Öffnungsseite der Tür ist eine freie Fläche von min. 0.60 m Breite neben dem Türgriff auf der Seite des Schwenkbereichs erforderlich.

 

 

Hinweise
Personen mit Rollstuhl nutzen je nach ihren individuellen Fähigkeiten unterschiedliche Positionen, um vom Rollstuhl auf das WC zu transferieren. Die rollstuhlgerechte Toilette gemäss Norm SIA 500 ermöglicht je nach Bedarf verschiedene Anfahrtspositionen: von vorne (40-50%), schräg von der Seite (30-40%) oder seitlich parallel (20-30% der NutzerInnen).

Anforderungen an Türen

  • Die Tür einer rollstuhlgerechten Toilette darf nicht mit einem Türschliesser versehen werden, ausser wenn sie automatisiert betätigt werden kann.
  • Auf der Schliessseite der Tür muss ein horizontaler Zuziehgriff installiert werden:
    – auf der Bandseite
    – auf einer Höhe von 0.75 m.

Anordnung der Apparate im rollstuhlgerechten Toiletten

Die Anordnung der Apparate, Hilfseinrichtungen und des Zubehörs, wie z.B. WC-Schüssel, Haltegriff oder Handtuchspender, ist in der Norm SIA 500 festgelegt (Anh. E.1). Diese Einrichtungen müssen immer gleich angeordnet werden. Die Norm regelt deren Position sowie die Höhen-, Achs- und Zwischenmasse. Folgende Anforderungen sind erforderlich und müssen unverändert und vollständig eingehalten werden:

WC-Schüssel

  • Anordnung in einer Raumecke
  • Distanz zwischen Achse der WC-Schüssel und Seitenwand: 0.45 m
  • Montagehöhe: Oberkante WC-Brille 0.46 m über Boden
  • Ausladung der WC-Schüssel: min. 0.65 m (bei Vormauerung)

Die Klosettbecken müssen eine Anlehnmöglichkeit anbieten: Es sind drei Arten von WC-Schüssel und Montage zulässig (Anh. E.1.1.F), wovon die Installation eines aufgesetzten Spülkastens nach Variante 1 zu bevorzugen ist.

WC mit aufgesetzter SpullkasteVariante 1:
WC-Schüssel mit aufgesetztem Spülkasten

  • Ausladung min. 0.65 m ab Rückwand

 

 

 

 

 

 

WC mit kurzem SchüsselVariante 2:
Kurze WC-Schüssel mit UP-Spülkasten in eine Vormauerung

  • Vormauerung:
    – Breite max. 0.75 m
    – Tiefe 0.15 bis 0.20 m
    – Höhe (Empfehlung): max. 1.00 m, um genügend Bewegungsfreiheit für den Kopf zu gewähren.
  • Ausladung WC-Schüssel und Vormauerung: min. 0.65 m ab Rückwand

 

WC mit RückenlehneVariante 3:
Lange WC-Schüssel mit UP-Spülkasten in Rückwand

  • Fixe Rücklehne: 0.15 bis 0.20 m ab Rückwand aufgebaut
  • Ausladung: min. 0.65 m ab Rückwand

 

Handwaschbecken

Das Handwaschbecken muss aus Hygienegründen sitzend von der WC-Schüssel aus erreichbar sein.

  • abgerundete Front; unterfahrbar
  • Tiefe: 0.35 bis 0.45 m;
  • Distanz zwischen Achse des Handwaschbeckens und Vorderkante des WC-Schüssels: 0.55 m
  • Sanitärarmatur  in der Achse des Handwaschbeckens oder seitlich in Richtung WC-Schüssel
    – Einhebelmischer; wenn möglich mit einem Hebel in Form eines Bügels
    – berührungslose Sanitärarmatur nicht geeignet, jedoch nach Norm SIA 500 zulässig
    – keine Selbstschlussarmatur

Hinweise
Beim Handwaschbecken ist ein Einhebelmischer einer berührungslosen Sanitärarmatur  vorzuziehen: Ein unbeabsichtigtes Auslösen des Wasserflusses kann so vermieden werden. 
Nach besonderen Intimpflegen muss eine Person mit Behinderung sich die Hände mit warmem Wasser waschen können.

Urinale

Wo zeitweilig mit einer grossen Anzahl Rollstuhlfahrer gerechnet werden muss, aber nur ein einziges Rollstuhl-WC zur Verfügung steht (z.B. bei einer Sportanlage), sind benutzbare Urinale ein sinnvolles, ergänzendes Angebot. Ein niedriges Urinal kann von vielen Personen genutzt werden: von im Rollstuhl sitzenden Männern, Kleinwüchsigen oder Knaben.

  • Randhöhe: max. 0.55 m ab Boden
  • In einer Wandecke
  • Mit einem L-förmigen Haltegriff, seitlich auf der Wand fixiert
  • Mit einem Klappgriff auf der freien Seite
  • Freier Zugangsbreite: min. 0.80 m

Weitere Informationen finden Sie im Merkblatt 010 «Sanitäranlagen» und im Artikel «Die 11 häufigsten Fragen zum Thema behindertengerechte WC-Anlagen».

 

Stand 11.02.2020

 

Auslegungen zur Norm SIA 500 aus dem Jahr 2018

Zu diversen Themen sind in den Auslegungen zur Norm SIA 500:2009 aus dem Jahr 2018 Anmerkungen, Erläuterungen und Interpretationen zu finden, die die Anforderungen präzisieren.
– Auslegung A29: Platzierung von zusätzlichen Apparaten in behindertengerechten Toiletten