Vortragssituation mit Redner und Publikum
Vortragsräume und Säle müssen für alle eine gleichberechtigte Zugänglichkeit und Nutzung gewährleisten.

Gebäudebereiche mit Vortragsräumen und anderen Sälen, die einem beliebigen Personenkreis oder auch einem bestimmten Personenkreis offen stehen (siehe Behindertengleichstellungsverordnung, BehiV), haben generell die Anforderungen gemäss Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» Kapitel  3 – 8 zu erfüllen.

Als Vortragsräume und Säle gelten gemäss der Norm (Anh. A. 5):

  • Hörsäle, Aulen, Konferenz- und Seminarräume
  • Gerichts- und Ratssäle
  • Theater- und Konzertsäle
  • Kinos und Filmvorführungsräume
  • Versammlungs-, Kultus-, Vortrags- und Mehrzwecksäle.

Ergänzend zu den Anforderungen in Kapitel 3 Erschliessung, Kapitel 4 Orientierung und Beleuchtung, Kapitel 5 Raumakustik und Beschallungsanlagen, Kapitel 6 Bedienelemente und Beschriftungen, Kapitel 7 Spezifische Einrichtungen und Kapitel 8 Alarmierung und Evakuierung, müssen bei Vortragsräumen und Sälen folgende Anforderungen nach Anhang A.5 erfüllt werden:

Zuschauerbereich

Die Anzahl Plätze für Zuschauer mit Rollstuhl richtet sich nach der Gesamtzahl an Zuschauerplätzen gemäss der folgenden Tabelle (Anh.A.5.2 und Auslegung SIA 500, 2018, A14):

Total PlätzeAnzahl Rollstuhlplätze
bis 502
51 – 1003
101 – 2004
je weitere angebrochene 200+1

 

  • Bei grossen Anlagen sind die Rollstuhlplätze auf die verschiedenen Platzkategorien zu verteilen.
  • Auf Voranmeldung müssen mindestens 10 zusätzliche Rollstuhlplätze zur Verfügung gestellt werden können, z.B. mittels demontierbarer Stuhlreihen, Klappsitze, usw.

Der Standort der rollstuhlgerechten Zuschauerplätze befindet sich

  • in Kinos im mittleren und hinteren Raumdrittel
  • bei übrigen Sälen und Saalnutzungen vorzugsweise in der vorderen Raumhälfte

Weitere Informationen finden Sie im Beitrag  «Zuhörer -und Zuschauerplätze».

Vortragsbereiche

Die Erschliessung bis zu den Vortragsbereichen, Übersetzungskabinen, Theater- und Konzertbühnen, Orchestergräben und dgl. muss die Anforderungen in Kapitel 3 erfüllen (A.5.3). Zusätzlich sind folgende Anforderungen an den Platz für Vortragende und Dolmetscher zu erfüllen:

Mindesten je ein Platz für Vortragende und Dolmetscher muss mit Rollstuhl nutzbar sein und die Anforderungen an Arbeitsflächen gemäss Ziffer 7.4.4 sowie an Bewegungsflächen gemäss Ziffer 7.7.2 entsprechen:

  • horizontale, mindestens 1.10 m breite und 1,40 m lange Fläche, vorzugsweise neben einem von einer Begleitperson benutzbaren Sitzplatz
  • Oberkante der Arbeitsfläche oder des Tisches: 0.72 – 0.76 m über Boden,
  • Freie Höhe unter der Arbeitsfläche (Beinfreiheit): min. 0.70 m,
  • Freie Tiefe: min. 0.60 m,
  • Freie Breite min. 0.80 m.

Die Raumbeleuchtung muss das Gesicht der Vortragenden optimal ausleuchten, damit das Ablesen und Absehen dessen Sprechbewegungen möglich ist.

Rückwärtige Bereiche

Die Erschliessung der rückwärtigen Bereiche für Akteure und Vortragende muss die Anforderungen in Kapitel 3 erfüllen (A.5.4). Zusätzlich sind folgende Anforderungen an die Einrichtungen für Akteure und Vortragende zu erfüllen:

  • Mindestens ein rollstuhlgerechter Umkleideraum gemäss Ziff. 7.2.5 und Auslegung SIA 500, 2018, A13 muss vorhanden sein.
  • Mindestens eine rollstuhlgerechte Toilette (Planung und Ausstattung) muss vorhanden sein (Ziff. 7.2.3 und Anhang E.1). In kleinen Anlagen darf diese mit der Zuschauertoilette identisch sein, falls dies vom Betriebsablauf her geeignet ist.
  • Sind Duschen vorgesehen, muss mindestens eine die Anforderungen an rollstuhlgerechte Duschen gemäss Ziff. 7.2.4 und Anhang E.2 erfüllen. In kleinen Anlagen darf diese mit dem rollstuhlgerechten Toilettenraum kombiniert werden (Anh. E.3). Weitere Informationen dazu im Merkblatt 011 «Duschräume mit WC».

Alle Vorgaben gelten grundsätzlich ebenfalls für die Anpassung und Renovation bestehender Einrichtungen. Wo bestehende Gegebenheiten die Erfüllung der Regelvorgabe verhindern oder einen unverhältnismässigen Aufwand erfordern, zeigt die Norm für einzelne Anforderungen bedingt zulässige Abweichungen auf. Es muss jedoch für den konkreten Einzelfall begründet nachgewiesen werden, dass bestehende Gegebenheiten die Erfüllung der Regelvorgabe verunmöglichen (Ziff. 1.2).

Ergänzende Empfehlungen zur Norm SIA 500 sind im Merkblatt 062 «Schulbauten» der Schweizer Fachstelle aufgeführt.

Hörbehindertengerechte Vortragsräume und andere Säle

Die Norm SIA 500 regelt folgende Anforderungen an die Raumakustik und Sprachverständlichkeit von Vortragsräumen und anderen Säle:

  • Generell muss die Sprachverständlichkeit durch die Raumakustik optimiert werden. Es gelten die Anforderungen gemäss Norm SN EN 60268-16 «Objektive Bewertung der Sprachverständlichkeit durch den Sprachübertragungsindex» (Ziff. 5.1.1).
  • Für Vortragsräume und andere Säle gelten die Sollwerte der Nachhallzeiten gemäss Norm SIA 181 (Ziff. 5.2.1).
  • Kann die Sprachverständlichkeit nicht mit der Raumakustik gewährleistet werden, sind Beschallungs- und/oder Höranlagen erforderlich (Ziff. 5.1.2).
  • Für die Ausführung von Beschallungsanlagen gelten die Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Akustik (SGA) «Beschallungsanlagen für Sprache» als Richtwert (Ziff. 5.3.3).

Weiterführende Grundlagen sind in den Richtlinien «Hörbehindertengerechtes Bauen» aufgeführt.

 

Stand 13.05.2020