Bild: Vortragsraum
Der eine geht gern zum Fussballspiel, während der andere lieber einer Theatervorstellung beiwohnt oder eine Vorlesung besucht. Kurzum: wir führen alle gern ein aktives soziales Leben. Das gilt auch für Rollstuhlfahrer, aber auch für seh- oder hörbehinderte Menschen.

Gemäss der Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» gehören Zuschauerplätze zu den spezifischen Einrichtungen in einer öffentlich zugänglichen Baute oder Anlage gemäss Ziffer 7.7, um diese für Menschen mit Behinderungen nutzbar zu machen (Definition, Ziff. 1.1). Die spezifischen Einrichtungen, die die selbstständige Nutzung der Baute oder Anlage erlauben, müssen für die Benutzerinnen und Benutzer durch eine Kennzeichnung auffindbar sein (Ziff. 7.1.3); hierzu empfiehlt es sich den Beitrag «Informationselemente» zu lesen.

Räumen oder Anlagen, in denen Sitzgelegenheiten für ein Publikum vorgesehen sind, müssen nach Norm auch für Personen im Rollstuhl Platz bereithalten (Ziff. 7.7.1). Die erforderliche Anzahl der rollstuhlgerechten Zuschauerplätze und ihre Anordnung sind nach Anhang A.4, A.5 und A.8 zu bestimmen (Ziff. 7.7.1).
Werden die Zuschauerplätze über einen Beschallungsanlage, welche nicht bloss der Musikübertragung dient, sondern auch mit Informationen versorgt oder überschreitet der Raum oder die Anlage eine bestimmte Grösse, müssen die Anforderungen für hörbehinderte Menschen berücksichtigt werden (Ziff. 7.8.1.1).

Platzbedarf / Anforderung an die Stellfläche

  • Fläche für Rollstuhlplatz: 1.10 x 1.40 m (B x L), gefällefrei (Ziff. 7.7.2)
  • Anordnung: jeweils neben einem Sitzplatz für eine Begleitperson (Ziff. 7.7.2)
  • Zufahrtsbreite: darf für geradlinige Zufahrt zu einzelnen oder mehreren rollstuhlgerechten Zuschauerplätzen auf 1.0 m reduziert werden (Ziff. 7.7.3).
  • Bei fester Bestuhlung: vorzugsweise ein Teil der Sitzplätze mit Beinfreiheit von 0.70 m (T) ab Vorderkante Sitzfläche (Ziff. 7.7.4).

Anzahl der rollstuhlgerechten Plätze und Anforderungen je nach Nutzungsart des Gebäudes

Zuhörerplätze in Schulzimmern oder Schulungsräumen (Anh. A.4.1, A.4.3)

  • vorzugsweise keine feste Möblierung
  • Fläche für Rollstuhlplatz: 1.10 x 1.40 m (B x L), gefällefrei (Ziff. 7.7.2)
  • Anordnung: jeweils neben einem Sitzplatz für eine Begleitperson (Ziff. 7.7.2)
  • Rollstuhlplätze bei fester Möblierung:
    – Anzahl: min. 2
    – Arbeitsflächen / Tischflächen: min. Beinfreiheit von 0.70 x 0.60 x 0.80 m (H x T x B) und OK Arbeitsfläche max. 0.72 – 0.76 m über Boden (Ziff. 7.4.4)
  • Zusätzlich verfügbare Rollstuhlplätze bei Bedarf:
    – Anzahl: min. 2
    – Anordnung: mittels demontierbarer Sitzreihen, Klappsitzen etc.

Weitere Informationen finden Sie im Beitrag «Bauten für Bildung und Erziehung»

Zuschauerbereich in Vortragsräume und Säle

 wie z.B. Hörsäle oder Konferenzräume, Gerichtssäle, Theater- oder Konzertsäle, Filmvorführungsräume, Versammlungs-, Vortrags-  oder Mehrzwecksäle (Anh. A.5.1, A.5.2)

  • Fläche für Rollstuhlplatz: 1.10 x 1.40 m (B x L), gefällefrei (Ziff. 7.7.2)
  • Anordnung: jeweils neben einem Sitzplatz für eine Begleitperson (Ziff. 7.7.2)
  • Anzahl Zuschauerplätze mit Rollstuhl: richtet sich nach der Anzahl an Zuschauerplätzen insgesamt gemäss folgender Tabelle (Anh.5.2):
Total PlätzeAnzahl Rollstuhlplätze
bis 502
51 – 1003
101 – 2004
je weitere angebrochene 200+1

 

  • Plätze sind bei grossen Anlagen auf die unterschiedlichen Platzkategorien zu verteilen.
  • Zusätzlich verfügbare Rollstuhlplätze bei Bedarf:
    – auf Voranmeldung
    – Anzahl: 10
    – Anordnung: mittels demontierbarer Sitzreihen, Klappsitze, etc.
  • Standort:
    – in Kinos: alle Plätze im mittleren und hinteren Raumdrittel
    – übrige Räume: vorzugsweise in der vorderen Raumhälfte

Weitere Informationen finden Sie im Beitrag «Vortragsräume und Säle»

Freizeit-, Sport- und Grünanlagen

Zuschauerbereiche z.B. in Sporthallen, Stadien oder Mehrzweckhallen, auf Sportplätzen, in Hallenbädern, Freibädern oder Wellness- und Fitnessanlagen, auf Spielplätzen, Minigolf- oder Bocciaanlagen, in Billiard- oder Spielsälen, Parks, auf Promenaden oder Friedhöfen (Anh. A.8.1, A.8.2)

  • Fläche für Rollstuhlplatz: 1.10 x 1.40 m (B x L), gefällefrei (Ziff. 7.7.2)
  • Anordnung: jeweils neben einem Sitzplatz für eine Begleitperson (Ziff. 7.7.2)
  • Anzahl Rollstuhlplätze: richtet sich nach dem Total an Zuschauerplätzen (A.8.2):
Total PlätzeAnzahl Rollstuhlplätze
bis 200min. 2
201 bis 10’0001% des Totals an Zuschauerplätzen
10’001 bis 20’000100 + 0.5% der Zuschauerplätze über 10’000
20’001 bis 40’000150 + 0.3% der Zuschauerplätze über 20’000
über 40’000210 + 0.2% der Zuschauerplätze über 40’000

 

  • Zusätzlich verfügbare Rollstuhlplätze bei Anlagen bis 2000 Zuschauerplätze:
    – auf Voranmeldung
    – Anzahl: 10
    – Anordnung: mittels demontierbarer Sitzreihen, Klappsitze, etc.
  • Planung von rollstuhlgerechter Toilette: min. 1 pro WC-Anlage
  • Akustik / Höranlage:
    – Akustische Informationen müssen nach dem Zwei-Sinne-Prinzip auch visuell vermittelt werden; dies gilt für alle Publikumsplätze.
    – Bei Zuschauerbereichen in Hallen sind zusätzlich Höranlagen mit induktiver Übertragung (gemäss Ziff. 7.8.2 siehe Beitrag «Höranlagen») zu installieren, welche vorzugsweise alle Zuschauerplätze, mindestens aber 20 % davon abdecken (A.8.3).

Weitere Informationen finden Sie im Beitrag «Bauten und Anlagen für Freizeit, Sport und Erholung»

Akustische Informationen / Höranlagen

Höranlagen

  • Eine Höranlage muss installiert werden (Ziff. 7.8.1.1):
    – bei Versammlungsräumen mit Flächen über 80 m2 (Richtwert)
    – bei Versammlungsräumen mit Beschallungsanlagen, die nicht ausschliesslich der Musikbeschallungen dienen
  • Ausführung (Ziff. 7.8.1.2):
    – vorzugsweise als induktive Übertragungsanlage, gemäss Norm  SN EN 60118-4
    – bei Infrarot- oder Funk-Übertragung spezielle Empfänger mit Induktionshalsschleife oder Verbindungskabel zum Hörgerät bereitstellen
  • Kennzeichnung der Räume mit Höranlagen bei den Eingängen (Ziff. 7.8.1.3).
  • Reichweite Empfangsbereich der induktiven Übertragung:
    – vorzugsweise alle Publikumsplätze im Empfangsbereich
    – min. jedoch 20% der Publikumsplätze 
    – Empfängt nur ein Teil der Publikumsplätze die induktive Übertragung, muss sich dieser Bereich in der Nähe des Vortragspodiums befinden, mit Blickkontakt zum Podium (Ziff. 7.8.2.2).

Akustische Informationen

  • Akustische Informationen müssen nach dem Zwei-Sinne-Prinzip auch visuell vermittelt werden; dies gilt für alle Publikumsplätze in Freizeit-, Sport- und Grünanlagen (Anh. A.8.2).

Stand 11.05.2022