Das Urteil kommt zu einem Zeitpunkt, an dem eine neue ISO-Norm Methoden entwickelt, mit deren Hilfe: 1.) die Werte der Erhaltung und der Zugänglichkeit gleichrangig behandelt werden und 2.) alle Nutzergruppen ab einer frühen Phase in den Prozess eingebunden werden. Vor diesem Hintergrund wirkt das Urteil des Bundesgerichts geradezu tradiert. Beide Ansätze wurden im Fall der Neugestaltung vom Klosterplatz Einsiedeln verpasst, was bei Menschen mit Behinderung als Rückschritt den als Fortschritt wahrgenommen wird.
Stattdessen wird nun auf Verlangen der Denkmalpflege auf der Platzfläche eine Bollensteinpflästerung eingebaut, die sich nicht als Gehfläche eignet, aber dafür ein Schattenspiel des Sonnenlichts auf den Steinen hervorruft. Von dem grossen runden Platz, der eine Breite von 75 m hat, wird nur ein schmaler, 2 m breiter Streifen, als nutzbare Gehfläche für alle ausgebildet. Es ist somit eine Entscheidung zugunsten der Oberfläche und gegen eine Nutzung für alle. Schon heute gibt es, wie die Fallbeispiele aus aller Welt in der neuen ISO-Norm eindrücklich zeigen werden, viele überzeugende internationale Beispiele von hochkarätigen Schutzobjekten, bei denen trotz hoher Schutzwürdigkeit gute Lösungen für hindernisfrei begehbare Platzflächen gefunden wurden. Wenn das Gericht das Urteil sakrosankt auf das einzige in ihren Augen fachliche Gutachten der Denkmalpflege abstützt, dann müssen in Zukunft Vertreter*innen von Menschen mit Behinderung in diesen Kommissionen Platz nehmen dürfen. So sieht es die eingangs erwähnte Norm vor. Wir fordern hiermit dazu auf, dass die baukulturellen Ziele des Bundes, die bereits 2018 in Davos ausgerufen wurden, ernst genommen werden. Darin verpflichtet sich die öffentliche Hand eine hochwertige Baukultur zu leben, die eine inklusive und solidarische Gesellschaft fördert.