Die VAböV ist eine Verordnung des eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Sie stützt sich auf Artikel 8 der Verordnung vom 12. November über die behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen Verkehrs VböV wonach das UVEK die Bestimmungen über die technischen Anforderungen an die Gestaltung der Bahnhöfe, der Haltestellen, der Flugplätze, der Kommunikationssysteme, der Billettausgabe sowie der Fahrzeuge erlässt.
Allgemeine Anforderungen nach VAböV
Für die allgemeinen Anforderungen an eine behindertengerechte Gestaltung von Bauten und Anlagen verweist die VAböV auf die SIA 500 «Hindernisfreie Bauten», Ausgabe 2009, für die allgemeinen Anforderungen an eine behindertengerechte Gestaltung von Fahrzeugen auf die europäische Verordnung 1300/2014 (Art.2). Zudem regelt sie folgende Anforderungen:
- Die Anzahl der rollstuhlgerechten Parkfelder: 1 bis 50 Parkfelder; 2 bis 150 Parkfelder 3 bis 350 Parkfelder; 4 bis 750 Parkfelder und 5 Parkfelder für Menschen mit Mobilitätsbehinderung bei mehr als 750 allgemeinen Parkfeldern (Art. 3)
- Für Kontrast, Rutschfestigkeit und optische Eigenschaften verweist die Verordnung auf die SN EN 16584-1:2017 und SN EN 16584-3:2017 (Art. 4)
- Systeme für die Kundeninformation und -kommunikation und Notrufsysteme müssen für Hör- oder Sehbehinderte auffindbar, erkennbar und benutzbar sein. Die materiellen Anforderungen an die Kundeninformation und -kommunikation und die Notrufsysteme richten sich nach der SN EN 16584-2:2017
(Art. 5) - Für die Orientierung Sehbehinderter werden Informationen in Relief- und Brailleschrift an Handläufen (Gleis- und Sektorbezeichnungen, wichtige Ziele) sowie taktil-visuelle Markierungen und die ertastbare Absicherung auskragender Elemente mittels blindengerechten Elementen wie einem Sockel oder Fusssteg geregelt (Art. 6)
- Die Orientierung für Personen im Rollstuhl ist durch deutliche Signalisation von Zu- und Abgängen sowie der Einstiegsstellen und Einstiegshilfen zu gewährleisten (Art. 7).
- Billetautomaten müssen grundsätzlich bedient werden können oder es ist eine angemessene Ersatzlösung anzubieten (Art. 8)
- Für die Anforderungen an Türdrücker, Halteanforderungsdrücker und Türwarnsignale verweist die VAböV auf die SN EN 16584-2:2017 und auf die Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 für Hilferufvorrichtung bzw. Halteanforderungsdrücker an den Rollstuhlplätzen von Fahrzeugen ausserhalb des Eisenbahnverkehrs (Art. 9)
Einrichtungen und Fahrzeuge des öffentlichen Bus- und Trolleybusverkehrs
Die Verordnung regelt die Anforderungen an den öffentlichen Bus- und Trolleybusverkehr in folgenden Punkten:
- Erreichbarkeit der Haltepunkte mit Rampen, zulässige Querneigung des Perrons 2%, Durchfahrbreiten auf Perrons von min. 0.90 m bzw. 1.20 m bei Gefahr eines Sturzes auf die Fahrbahn (Art. 10)
- Mindestdimension der Rollstuhleinfahrtsfläche von 2.0 m Länge und für den Einstieg mit kuppelbaren Rollstuhlzuggeräten 2.0 m Breite (Art. 11)
- Aufmerksamkeitsfeld nach der Norm SN 640 852 «Taktil-visuelle Markierungen» von 0.90 x 0.90 m und mit einem Abstand von 30 cm bis 45 cm zur Perronkante zur Kennzeichnung der Einstiegsposition auf der Höhe der vordersten Türe (Art. 12)
- Für den Ein- und Ausstieg von Personen im Rollstuhl oder mit Rolltor verweist die VAböV auf die EU Verordnung 1300/2014 und die Gewährleistung des niveaugleichen Ein- und Ausstiegs durch eine maximale Niveaudifferenz und eine maximale Spaltbreite (Art. 13). Damit sind Niveaudifferenzen von max. 50 mm und Spaltbreiten von max. 70 mm zulässig obwohl sie für viele Nutzer nicht ohne Hilfe überwindbar sind.
- Grundsätzlich sind Niederflurfahrzeuge einzusetzen, nur in begründeten Fällen, insbesondere aus topografischen Gründen, sind Hochflurfahrzeuge zulässig. Die Fahrzeuge aller Klassen müssen mit einigen Ausnahmen die Anforderungen des Anhangs 8 des UNECE-Reglements Nr. 107 erfüllen. Die Ausnahmen betreffen die zulässige Neigung fahrzeugseitiger Rampen von max. 18%, die Kennzeichnung der Sitze auch für ältere Menschen, die Sicherung der Rollstühle mit einem Rollgurt, das Angebot an zwei Stellplätzen und Behindertensitzen in Fahrzeugen des Agglomerationsverkehrs sowie die Anforderungen an Türdrücker nach Art. 4 VAböV (Art. 14).
- Türen oder der Umriss von Türen müssen auf der Fahrzeugaussenseite für Sehbehinderte erkennbar sein (Art. 15)
Einrichtungen und Fahrzeuge des öffentlichen Seilbahnverkehrs
Die Verordnung regelt gezielt die Anforderungen an öffentliche Seilbahnen mit mehr als 8 Plätzen:
- Bei Stationen des Seilbahnverkehrs sind nahe beim Hauptzugang Halteplätze für Behinderte einzurichten (Art. 16)
- Die Neigung ungedeckter Rampen darf max. 10% betragen, gedeckter Rampen max. 12% (Art. 16)
- Gitterroste im Passagierbereich dürfen eine Maschenweite von max. 10 x 20 mm aufweisen (Art. 16)
- Der Fahrgastraum muss eine genügend grosse Manövrierfläche aufweisen; gemäss Norm SN EN 13796-1:2017, genügt bei Kabinen mit bis zu 10 Plätze eine Manövrierfläche mit einem Durchmesser von 1.20 m. (Art. 17)
- Anzeige der Türschliessung bei unbegleitetem Betrieb mit akustischen und optischen Signalen (Art. 17)
- Ein- und Ausstieg von Personen im Rollstuhl oder mit Rollator sind prioritär ohne Personalhilfe zu gewährleisten:
– durch eine fahrzeuggebundene Rampe mit einer Neigung von maximal 18 Prozent bei einer Niveaudifferenz von maximal 50 mm oder maximal 6 Prozent bei einer Niveaudifferenz von über 50 mm;
– indem zwischen dem Perron und dem Einstiegsbereich des Fahrgastraumes eine Niveaudifferenz und eine Spaltbreite für den niveaugleichen Einstieg gemäss Anhang Ziffer 2.3 der Verordnung (EU) 1300/201414 erreichbar sind (Art. 18). Damit sind Niveaudifferenzen von max. 50 mm und Spaltbreiten von max. 70 mm zulässig obwohl sie für viele Nutzer nicht ohne Hilfe überwindbar sind. - Die Vorgaben nach Art. 5 gelten beim Seilbahnverkehr für Notrufsysteme und bei unbegleitetem Betrieb von Standseil- und Pendelbahnen auch für die Anlagen zur Kundeninformation und -kommunikation (Art. 19).
Stand am 07.07.2021