Richtlinien zuhanden der zuständigen Gemeinde- und Kantonsbehörden betreffend das behindertengerechte Bauen vom 28.10.1993 (Stand 01.01.2017)

Art. 1   Grundsatz

1   Die öffentlichen und privaten Gebäude und Anlagen sowie sämtliche Verkehrswege und Verkehrseinrichtungen müssen so angelegt sein, dass sie für behinderte Menschen zugänglich und benützbar sind.

2   Der Staat fördert die Beseitigung der Hindernisse, welche die Fortbewegung der behinderten Menschen verunmöglichen. Er fördert ebenfalls die Verbesserung der Hörbedingungen für Hörbehinderte sowie der Orientierungshilfen für Sehbehinderte.

Art. 2   Neubauten / a) Öffentliche und private der Öffentlichkeit zugängliche Gebäude und Anlagen

1   Die behindertengerechte Bauweise ist zwingend für alle neuen öffentlichen und privaten der Öffentlichkeit zugänglichen Gebäude und Anlagen. Das gilt namentlich für: kirchliche Bauten, Schulen, Theater, Museen, Kinos, Kultur- und Sporteinrichtungen, Gaststätten und Beherbergungsbetriebe, Geschäfte, Verwaltungen, Banken, Versicherungen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Apotheken, Coiffeursalons, Parkieranlagen und andere vergleichbare Gebäude und Anlagen sowie Verkehrswege und Verkehrseinrichtungen.

2   Die unumgänglichen Massnahmen, die getroffen werden müssen, sind in der Schweizer Norm SN 521 500, Gebäudekategorie A (öffentlich zugänglich) aufgeführt.

Art. 2   Wohnungen und Gebäude mit Arbeitsplätzen

3   Bei allen neuen Gebäuden mit vier und mehr Wohnungen sowie beiden Gebäuden mit Arbeitsplätzen sind die in der Schweizer Norm SN 521 500, Gebäudekategorie B (Wohnen) aufgeführten unumgänglichen Massnahmen zwingend.

4   In Ausnahmefällen, namentlich wenn das Gelände sehr steil ist und unverhältnismässige Kosten verursacht werden, kann die Entscheidungsbehörde nach Einholen der Vormeinung des kantonalen Amtes für behinderte Personen Abweichungen gestatten.

Art. 3   Bestehende Bauten / Öffentliche und private der Öffentlichkeit zugängliche Gebäude und Anlagen

1   Bei der Erneuerung oder bei wesentlichen Umbauten der bestehenden öffentlichen und privaten der Öffentlichkeit zugänglichen Gebäude und Anlagen sind die in der Norm SN 521 500, Gebäudekategorie A, aufgeführten unumgänglichen Anforderungen einzuhalten.

2   Wenn es sich um die Erhaltung von wertvollen Gesamtheiten (alte Städte und Dörfer) handelt und wenn die Kosten unverhältnismässig sind, kann die Entscheidungsbehörde Abweichungen gestatten.

Art. 4   Sonderbauten

Sonderbauten (Spitäler, Wohnheime, Wohnungen für behinderte Personen usw.) müssen behindertengerecht und gemäss den Richtlinien des Bundesamtes für Sozialversicherung und des kantonalen Amtes für behinderte Personen ausgeführt werden.

Art. 5   Beherbergungsbetriebe

Bei den Beherbergungsbetrieben müssen 5 % der Zimmer mit ihren Sanitäreinrichtungen den Bedürfnissen der behinderten Personen angepasst sein. Mindestens ein Zimmer muss angepasst sein, wenn der Betrieb 20 Zimmer und weniger zählt.

Art. 6   Bonus zur Ausnützungsziffer

Bei der Berechnung der Bruttogeschossfläche können die durch das behindertengerechte Bauen (Norm SN 521 500) bedingten Mehrflächen wie folgt abgezogen werden:

a)   öffentliche und der Öffentlichkeit zugängliche Gebäude
1.5 m2 pro WC, Badezimmer oder Dusche
1.0 m2 pro Stockwerk für den Aufzug;

b)   Wohngebäude
1.0 m2 pro Wohnung für das Badezimmer oder Dusche
1.0 m2 pro Stockwerk für den Aufzug;

c)   Gebäude mit Arbeitsplätzen
1.0 m2 pro Wohnung für das Badezimmer / die Dusche1.0 m2 pro Stockwerk für den Aufzug

Art. 7   Pläne

Die behindertengerechten Sanitärräume und Verkehrswege müssen auf den Plänen des Baugesuches mit dem ICTA-Signet bezeichnet sein.

Art. 9   Verantwortung der Gemeinden

Die Gemeinden sind für die Anwendung der vorliegenden Richtlinien verantwortlich. Sie bezeichnen das zuständige Organ und informieren diesbezüglich das kantonale Amt für behinderte Personen. Sie können die Dienste und Ratschläge von Personen mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen beiziehen.

Art. 10   Beratungs- und Konsultationsorgan

1   Das vom Staatsrat bezeichnete Beratungs- und Konsultationsorgan arbeitet mit im Bereich des behindertengerechten Bauens. Der Kanton, die Gemeinden und die Privaten können sich an dieses Organ wenden, um Auskünfte und Informationen über die zu treffenden Massnahmen oder Vorschläge bei Projektierungen einzuholen.

2   Es arbeitet eng mit dem kantonalen Amt für behinderte Personen zusammen.

Art. 11   Finanzielle Hilfe

1   Das Gesuch um eine finanzielle Hilfe für die Beseitigung architektonischer Barrieren ist vor Ausführungsbeginn an das kantonale Amt für behinderte Personen zu richten. Es sind Pläne, aus denen die erforderlichen Umbauarbeiten ersichtlich sind, und der detaillierte Kostenvoranschlag beizulegen.

2   Die in Betracht gezogenen Kosten betreffen die in der Norm SN 521 500 vorgesehenen unumgänglichen Massnahmen.

3   Wenn andere kantonale Beiträge gewährt werden, so wird der Ansatz entsprechend herabgesetzt.

4   Die finanzielle Hilfe wird nach Anerkennung der Arbeiten aufgrund
der Originalrechnungen und der Zahlungsbelege berechnet.

Art. 12   Koordination

Das Amt für behinderte Personen ist das offizielle kantonale Organ im Bereich des behindertengerechten Bauens. Es koordiniert die verschiedenen Aktionen und arbeitet auf diesem Gebiet mit.

 

Kanton Wallis

Stand am 31.08.2018