Standardmässig hindernisfrei-anpassbar gebaute Wohnungen sind für alle praktisch und komfortabel und in diesem Sinne gesellschaftlich nachhaltig. Auch hinsichtlich der soziodemografischen Entwicklung wird es zukünftig nicht genügen nur einen gewissen Prozentsatz der Wohnungen hindernisfrei-anpassbar zu erstellen. Es braucht flächendeckend Wohnungen, die von Grund auf so angelegt sind, dass sie für jeden besuchsgeeignet und zugänglich sind.

Bezahlbare Wohnungen, die gleichzeitig noch hindernisfrei-anpassbar sind, stellen heute eine Seltenheit dar. Gerade einmal 11 % der Wohnungen, die schweizweit zwischen 2006 und 2021 entstanden sind, fallen unter die Regelungen des Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG)! Zusammen mit der derzeitigen Wohnungsknappheit, die sich aufgrund abnehmender Leerstände zuspitzt, verschärft sich die Situation für Menschen mit Behinderungen und vulnerabler Gruppen weiter.

Hinzu kommt, dass bis 2050 2,7 Millionen Menschen, oder 25 Prozent der Schweizer Gesamtbevölkerung, älter als 65 Jahre sein werden. Das heisst, jede zweite Person wird künftig eine Wohnung nachfragen, die hindernisfrei-anpassbar ist. Zunächst muss diese stufenlos zugänglich und damit für Besucher im Rollstuhl oder mit Rollator geeignet sein. Erst im zweiten Schritt kann die Wohnung im Bedarfsfall jederzeit umgebaut und damit hindernisfrei bewohnbar gemacht werden. Denn das Wohnungsinnere ist mit den richtigen Durchgangsbreiten und Bewegungsflächen von Anfang an so ausgestattet, wie für Rollator- oder Rollstuhlfahrende notwendig. Vor dem Hintergrund, dass im Prinzip jeder Mensch während seines Lebens, ob temporär oder dauerhaft, mit gewissen körperlichen und sozialen Einschränkungen konfrontiert wird (auch wenn wir das oft nicht wahrhaben wollen), besitzt der Ansatz den hindernisfrei-anpassbaren Wohnungsbau flächendeckend anzuwenden ein enormes Potential. Gerade auch im Sinne einer nachhaltigen Wohnbaustrategie.

Es darf also längst kein «nice-to-have» mehr sein, der Bevölkerung Wohnungen anzubieten, die ohne bauliche Hindernisse aufwarten. Mehr noch, dem hindernisfrei-anpassbaren Wohnnungsbau wird hier, da er das «Zwei Stufen Prinzip» anwendet, eine entscheidende Rolle zuteil. Doch warum wird er nicht trotzdem längst breiter im Wohnugnsbau umgesetzt? Zum Teil lässt sich dies auf eine mangelhafte Gesetzgebung zurückführen. Wie eingangs erwähnt, verlangt das BehiG erst ab neun und mehr Wohneinheiten, dass die Wohnungen zugänglich und anpassbar errichtet werden. Doch mit Neubauten, die zwischen 2006 und 2021 erstellt wurden, allein werden wir dieses Ziel gar nicht erreichen. Darum ist es unerlässlich, auch bestehende Wohnungen so umzubauen, dass sie zugänglich und hindernisfrei-anpassbar sind. Hier sind neue Ideen seitens der Gesetzgebenden und innnovatives Denken bei Investorinnen und Investoren sowie Bauträgerschaften und Immobilienbesitzer*innen gefragt.

Der vollständige Artikel ist im Juli 2023 unter derm Titel «Ein Leben miteinander setzt ein Wohnen ohne Hindernisse voraus» in der Beilage des Tages Anzeigers „Fokus. Uneingeschränkt Leben“ erschienen.

      Bauten mit Wohnungen: Anpassbare Wohnungen. Publikationsarten: Artikel und Fremdpublikationen.