Fussgängerstreifen mit Lichtsignalanlage
Damit Personen mit Sehbehinderung an Fussgänger-Lichtsignale sicher queren können, sind taktile und akustische Zusatzsignale erforderlich.

Im Sinne der Gleichstellung und der Chancengleichheit müssen Fussgänger-Lichtsignale auch sehbehinderten und blinden Personen zugänglich gemacht werden. Die rechtlichen Grundlagen dazu hat die Fachstelle am Beispiel des Kantons Zürich zusammengestellt.

Die Norm SN 640 075 «Hindernisfreier Verkehrsraum» hält folgende Grundsätze fest:

  • Fussgängerphasen müssen für Blinde und Sehbehinderte wahrnehmbar vermittelt werden (Ziff. 19.1)
  • Fussgängerphasen müssen einheitlich mit taktilen Signalen gemäss Norm SN 640 836-1 «Lichtsignalanlagen; Zusatzeinrichtungen für Sehbehinderte» angezeigt werden (Anh. Ziff. 8.1.5).
  • Ist die Orientierung nicht gewährleistet, sind Ampelphasen und Gehrichtung zusätzlich mit akustischen Signalen anzuzeigen (Anh. Ziff. 8.1.5).
  • Das Auffinden der Anforderungsgeräte sowie der taktilen Signalgeber ist durch taktil-visuelle Markierungen zu gewährleisten (Anh. Ziff. 8.1.5).

Die SN 640 836-1 wurde revidiert und im Oktober 2020 durch die VSS Norm 40 836-1 «Lichtsignalanlagen; Taktile und akustische Zusatzeinrichtungen» ersetzt. Diese regelt die Anforderungen an taktile und akustische Signale und Signalgeber und führt die Einsatzkriterien für akustische Signale auf.

Anwendung taktiler und akustischer Signale

VSS 40 836-1; Allgemeines (Ziff. 12)
„Alle LSA-gesicherten Fussgängerstreifen werden gemäss SN 640 075 «Fussgängerverkehr; Hindernisfreier Verkehrsraum» mit taktilen Freigabesignalen ausgestattet. Je nach Komplexität der Querung können zusätzlich akustische Signale, ggf. auch eine Phasenverlängerung, erforderlich sein.“

„Taktil-visuelle Bodenmarkierungen gemäss SN 640 852 «Markierungen; Taktil-visuelle Markierungen für blinde und sehbehinderte Fussgänger» kennzeichnen die Positionen von Ampelmast und Querungsstelle sowohl am Fahrbahnrand als auch auf Schutzinseln.“

„Optische, taktile und akustische Freigabesignale sind in ihrer Funktion in der Regel parallelgeschaltet (Anfang-Anfang und zwingend Ende-Ende).“

„Wenn die Anlage nicht aktiv ist, sollte sie aktiviert werden können.“

Signale und Signalgeber

Die VSS Norm 40 836-1 regelt die technischen und funktionalen Anforderungen an taktile und akustische Signalgeber. Dies umfasst folgende Anforderungen:

  • die Ausgestaltung der taktilen Signalgeber bestehend aus einer vibrierenden Grundplatte mit einem erhabenen Richtungspfeil, die an der Unterseite des Anforderungsgerätes bzw. eines analogen verkehrsgelben Gehäuses angebracht ist, falls keine Anforderung vorgesehen ist
  • die Anordnung taktiler Symbole auf dem taktilen Signalgebern zur Kennzeichnung von Sonderfahrstreifen des öV, deren Überquerung für Fussgänger nicht mit Lichtsignalen gesichert ist, sowie von Schutzinseln mit zwei unterschiedlichen Symbolen, je nach dem ob eine erneute Anforderung auf der Insel erforderlich ist oder nicht.
  • die Anmeldung der taktilen und gegebenefalls akustischen Signale über einen Zusatzdrücker an der Unterseite der Geräte, sowie in speziellen Fällen über Funkanforderung
  • die akustischen Eigenschaften wie Ton, Rythmus und Lautstärke von akustischen Orientierungssignalen, Freigabesignalen und Übergangssignalen
  • die Parallelität der optischen, taktilen und wenn vorhanden akustischen Signale mittels Schematischer Darstellung für verschiedene Zeitpunkte der Auslösung im Signalumlauf
  • die Anordnung und Installation der taktilen und akustischen Signalgeber auch auf Schutzinseln
  • die Einsatzkriterien für taktile Signalgeber, Zusatzdrücker und aktustische Signalgeber.

In Kapitel G führt die Norm Erläuterungen auf, welche die Nutzung der Zusatzsignale durch Menschen mit Sehbehinderung erklärt und dazu beitragen sollen, dass die Einsatzkriterien besser angewendet und die Notwenigkeit für akustische Signale durch den Planer besser beurteilt werden können.

Ausstattungs-Standard

Grundausstattung an jedem Fussgängerlichtsignal:

  • Taktiler Signalgeber: vibrierende Platte an der Unterseite eines Anforderungsgeräts oder eines analogen verkehrsgelben Gehäuses, wo keine Anforderung erforderlich ist.
  • Zusatztaster an der Unterseite des Gehäuses zwischen dem taktilen Signalgeber und dem Ampelmasten zur Auslösung der Grünphase sowie aller vorhandenen taktilen und akustischen Zusatzsignale für Sehbehinderte und gegebenenfalls weiterer Funktionen wie z.B. einer Verlängerung der Fussgängergrünphase.
  • Taktil-visuelle Markierung als Orientierungshilfe zum Auffinden des Ampelmastes, der Anmeldegeräte sowie der Signalgeber.

Ist aufgrund der örtlichen Verhältnisse die Orientierung während des Querens für Personen mit Sehbehinderung nicht gewährleistet, sind zusätzlich zu den taktilen auch akustische Signale erforderlich. Kriterien für den Einsatz akustischer Signale sind:

  • Lange Querungsdistanzen (Richtwert > 10 m).
  • Komplexe Verkehrssituation, komplexer Knoten oder Komplexität einzelner Übergänge.
  • Schwierige akustische Verhältnisse im Umfeld (Umgebungslärm, keine Fahrgeräusche parallel fahrender Fahrzeuge)
  • Gleise, welche den Übergang schräg oder in Kurve schneiden.
  • Wo die rechtwinkligkeit der Querung nicht eingehalten werden kann und der Fahrbahnrand schräg zur Querungsrichtung angeordnet ist, so dass die Gehrichtung nicht am Absatz abgelesen werden kann.

Die akustischen Orientierungs- Freigabesignale und Übergangssignale sind in der Norm genau definiert. Zusätzlich steht eine Hörprobe zur Verfügung. Taktile und akustische Signale sind mit den optischen Signalen zeitlich gleichgeschaltet:

  • akustisches Orientierungssignal während der Rotphase: ein langsam getaktetes Klopfen mit einem Pulsabstand von 1,2 (± 0,05) sec.; mittig zum Fussgängerstreifen auf den Fahrbahnrand vor dem Mast (Warteposition vor dem Quern) ausgerichtet.
  • akustisches Freigabesignal während der Grünphase: ein schnell getakteter, d.h. amplitudenmodulierter Klang mit Grundfrequenz 880 Hz ± 50 Hz und mindestens der dritten (2640 Hz) und vierten (3520 Hz) Harmonische, sowie einer Taktfrequenz von 4 Hz ± 0,2 Hz, wobei Einschaltdauer und Pausendauer identisch sind; möglichst zentriert in der Achse des Fussgängerübergangs angeordnet und auf deren Schnittpunkt mit dem gegenüberliegenden Fahrbahnrand ausgerichtet.
  • akustisches Übergangssignal während der Übergangszeit: es unterscheidet sich vom akustischen Freigabesignal einzig in Bezug auf den Rhythmus. Im Vergleich zum Freigabesignal werden innerhalb einer Sekunde nur die ersten beiden Takte ausgegeben und die folgenden zwei unterdrückt, d.h. durch eine Pause ersetzt.

 

Stand 11.12.2020