Unabhängig davon ob es gesetzlich vorgeschrieben ist, ist es sinnvoll und zweckmässig, Aufzüge immer so zu dimensionieren und auszustatten, dass sie für Alle hindernisfrei zugänglich und benutzbar sind.

Die Anforderungen an hindernisfrei gestaltete Aufzüge ergeben sich aus den unterschiedlichen Fähigkeiten der NutzerInnen, sowie dem Platzbedarf von Hilfsmitteln wie Rollator, Rollstuhl, usw. Die Höhenüberwindung mittels einer Aufzugsanlage bietet eine grosse Nutzerfreundlichkeit sowie Flexibilität bei der Gebäudenutzung. Wo auf den Einbau eines Aufzugs verzichtet wird, sollte die Möglichkeit für einen späteren Einbau vorgesehen werden.

Das Leben findet in den entwickelten Länder zu 80% in der Welt von Ober- und Untergeschossen statt! Daher spielt der Aufzug eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, ob alle Menschen gleichberechtigt überall am Leben teilhaben können. Ein «Design for all» für Aufzugsanlage muss daher zum Regelfall werden. Aus Anlass der Revision der europäischen Liftnorm EN 81-70 „Zugänglichkeit von Aufzügen“ konnten Joe Manser und Eva Schmidt an der Tagung in Heilbronn vom Februar 2016 ein Referat zum «Zugang für Alle – der Aufzug als Schlüsselelement» halten.

Die Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» legt in Ziff. 3.7 fest, wie ein hindernisfreier Aufzug dimensioniert und gestaltet sein muss. Insbesondere: auf die Nutzung abgestimmten Kabinengrösse, Anforderungen an Manövrierflächen, Bedienelemente, Tastaturen und akustische Stockwerkansagen gemäss Norm SIA 500 und Norm SN EN 81-70 «Zugänglichkeit von Aufzügen für Personen mit Behinderung» .

Gleichzeitig mit der Publikation der revidierten SN EN 81-70:2018 hat der SIA ein Korrigenda C4 zur Norm SIA 500 herausgegeben. Die entsprechenden Änderungen wurden in diesem Artikel nachgeführt. Die SN EN 81-70:2018 hat neu einen nationalen Anhang, welcher die Abgrenzung zur Norm SIA 500 klärt und für bestimmte Ausführungen auf diese verweist.

Minimale Kabinengrössen

Die Mindestdimensionen von Aufzugskabinen sind von Gebäudetyp und Nutzungszweck abhängig:

  • Bei viel Publikumsverkehr sowie im Aussenraum (Breite x Tiefe): 1.10  x  2.10 m (Ziff. 3.7.3, C4)
  • In Bauten (Breite x Tiefe): 1,10 x 1,40 m
  • In bestehenden Bauten bedingt zulässig (Breite x Tiefe): 1.00 x 1.25 m (Ziff. 3.7.3)
    (Standardkabine nach SN EN 81-70: 1.00 x 1.30 m)
  • Bei Aufzug mit über Eck angeordneten Türen: 1.40 x. 1.60 m, bedingt zulässig 1.40 x 1.40 m (Ziff. 3.7.4, C4)

Empfehlung:
Nach Möglichkeit in allen Bauten eine Standardkabine von 1.10 m x 2.10 m verwenden, insbesondere auch in Wohnbauten. Dies ermöglicht die Benutzung durch eine Person, die einen Rollstuhl mit Zuggerät nutzt und erhöht den Komfort für Alle (Hauswart, Kinderwagen, Velo, beim Umzug).

Bewegungsflächen vor dem Aufzug

  • Aufzüge_Öff_Zugä_Bauten Dez.2016Eine freie Bewegungsfläche  von 1.40 x 1.40 m ist vor der Schachttüre zu gewährleisten
    (Ziff. 3.7.2).

 

 

 

 

  • Aufzüge_Öff_Zugä_Bauten Dez.2016-2Der Abstand zwischen Schachttüren und seitlich dazu angeordneten Treppenabgängen muss min. 0.60 m betragen (Ziff.3.7.2).

 

 

 

Bedienelemente an der Haltestelle

  • Aufzüge_Öff_Zugä_Bauten Dez.2016-3Das Bedienelement (Ruftaster) muss auf einer maximalen Höhe von 1.10 m über Boden angeordnet werden (Ziff. 6.1.1).
  • Die Freifläche vor dem Bedienelement (Ruftaster) muss, beidseitig, eine Mindestbreite von 0.70 m aufweisen (Ziff. 6.1.2).
  • Ein Abstand von 0,70 m zwischen Ruftaster und jeglichen Raumecken ist erforderlich.
  • Das Zurückversetzen des Ruftasters in die Türnische ist zu vermeiden, Rücksprünge dürfen aber in keinem Fall mehr als 0.25 m Tiefe aufweisen (Ziff. 6.1.3).

Ergänzung:
Die Positionierung der Ruftaste seitlich in der Leibung behindert die Bedienung und erschwert die Auffindbarkeit. Die Zugänglichkeit des Aufzugs ist bei seitlicher Anordnung aus Sicht der Fachtelle nicht erfüllt.

Empfehlung:
Höhe der Ruftaster 0.85 – 1.00 m über Boden; vertikal oder max. 30° Neigung zur Vertikalen

Bedienelemente in der Kabine

  • Höhe der Bedienelementen an der Haltestelle und in der KabineHöhe der obersten Stockwerktaste: max. 1.20 m über Boden (Norm SN EN 81-70).
  • Wird ein horizontales Tableau eingesetzt, soll die unterste Tastenreihe auf einer Höhe von 0.80 m angebracht werden. In diesem Fall darf ein zweites, vertikales Tableau die Höhe von 1.20 m überschreiten (Ziff. 6.1.1).
  • Seitlicher Abstand zur Kabinenwand: min. 0.40 m
    (Empfehlung der Fachstelle: min. 0.70 m)

Tastatur und Tastebezeichnungen

  • Taktil erfassbare Tasten mit fühlbarer Bewegung oder Druckpunkt. Bei Zielwahlsteuerung gilt dies für mindestens eine Tastatur auf jedem Stockwerk.
  • Tasten und Beschriftung sind mit visuellen Kontrasten erkennbar zu gestalten. Die SN EN 81-70 führt bescheidene Mindestkontraste auf. Für eine umfassende Hindernisfreiheit verweist der nationalen Anhang die Vorgaben der Norm SIA 500. Um dies zu erreichen sind für die Bezeichnungen auf den Tasten Helligkeitskontraste von Cm ≥ 0.6 (Prioritätsstufe I) und für die Tasten und Grundplatten Helligkeitskontraste von Cm ≥ 0.3 (Priorität II) anzuwenden.
  • Bezeichnungen in Reliefzeichen, vorzugsweise auf dem aktiven Teil der Taste (Ziff. 6.2.2.1); nach SN EN 81-70 auch links davon zulässig.
    Beschriftung neben der Taste

 

 

 

Für visuell Kontraste im Lift gelten folgende Anforderungen (Ziff. 3.7.7 und 4.3.1):

  • Beurteilung des Kontrastes unter einem Blickwinkel vom 45° (SN EN 81-70)
  • Mindestkontraste:
    – Michelson-Kontrast für Schriftzeichen auf der Taste: KM ≥ 0.6
    – Michelson-Kontrast zwischen Tasten und Grundplatte: KM ≥ 0.3

Weiterführende Informationen finden Sie in den Richtlinien «Planung und Bestimmung visueller Kontraste» und im Beitrag «Visuelle Kontraste»

Anzeigen und Notruf

  • Die visuellen Anzeige des Stockwerks müssen auf einer Höhe zwischen 1.60 bis 1.80 m über Boden an der Wand oder auf dem Tableau im Lift angebracht werden (Ziff. 6.2.1).
  • Visuelle Notrufanzeigen, sowie Lautsprecher und Mikrophon, sollen auf einer Höhe von max. 1.40 m über Boden am Lifttableau angeordnet werden. Für Hörbehinderte sollen sie gemäss SN EN 81-70 mit einer Induktionsschleife ergänzt werden.

Empfehlung der Fachstelle:
Stockwerksbezeichnung in kontrastreicher Reliefschrift beidseitig in der Türleibung, 1.40 m – 1.60 m über Boden

Weiterführende Informationen zu Bezeichnungen in Reliefschrift finden Sie im Beitrag Orientierung und Signaletik im Gebäude und im Produkteverzeichnis Merkblatt 121 «Relief- und Brailleschrift»

Akustische Stockwerkansage

  • Das Stockwerk muss gemäss SN EN 81-70 bei der Ankunft in der Haltestelle in einer der Landessprachen angesagt werden.

Hinweis
Jeder Aufzug, der nach den gesetzlichen Vorgaben hindernisfreizugänglich erstellt werden muss, muss mit einer akustischen Stockwerkansage ausgestattet sein. Wird die Ansage zeitlich geschaltet bevor sich die Türen öffnen, lässt sich die Lautstärkenregelung besser auf die örtlichen Gegebenheiten einstellen.

Visuelle Gestaltung

Helligkeits- und Farbkontraste müssen unter den vorhandenen Beleuchtungsbedingungen die Orientierung und Bewegungssicherheit von Personen unterstützen (Ziff. 4.1.2). Gestaltung, Materialwahl, Kontraste, Beleuchtung und Signaletik in Aufzügen müssen folgich das Auffinden des Lifts und Orientierung in der Kabine gewährleisten. Beleuchtung, Helligkeitskontraste und Materialwahl sind aufeinander abzustimmen.

Gemäss SIA 500 dürfen Blendungen, Spiegelungen und Reflexe die Orientierung nicht beeinträchtigen (4.1.1).

Hinweis
Aufgrund der engen Raumverhältnisse im Lift, wird in der Regel eine direkte Beleuchtung eingesetzt, welche in Kombination mit stark reflektierenden Materialien, z.B. gebürstetem Chromstahl, störende Reflexe auslösen können. In Kabinen mit reflektierenden Materialien sind grossflächige Diffusoren mit einer guten Lichtverteilung zu bevorzugen um störende Reflexionen, z.B. auf den Bedienelementen zu vermieden.

Zielwahlsteuerungen

Zielwahlsteuerungen stellen Menschen mit Behinderung vor zum Teil unüberwindbare Hindernisse. Ist der Nutzerkreis bekannt, können für Betroffene zusätzliche Funktionen installiert werden (individuell über Kartenleser, akustische Sprachmenus), die ihnen nach einer individuellen Einführung die Bedienung möglich machen. In öffenltich zugänglichen Bauten sind Zielwahlsteuerungen daher nicht geeignet.

Die Norm SIA 500 präzisiert diese Anforderung im Korrigenda C4 indem die Ziffer 3.7.7 der Norm wiefolg ergänzt wurde: „Eine Zielwahlsteuerung ist nur zulässig, wenn die Anleitung zur Nutzung der besonderen Funktionen (Befehlsgeber, Zugänglichkeitstaster) sowie bei Bedarf eine Hilfestellung während den üblichen Betriebszeiten sichergestellt ist.“

Weitere Informationen finden Sie im Beitrag «Aufzüge mit Zielwahlsteuerung».

Position der Fachstelle:
Zielwahlsteuerungen sind nur zulässig, wo der Nutzerkreis bekannt ist und die Personen eingeführt werden können.

Weiterführende Informationen

Die Fachstelle hat im Merkblatt 020 «Aufzugsanlagen» Planungshinweise für Aufzüge, Schachtgrössen und Ausstattung aufgearbeitet und illustriert.

Die Vorgaben für Aufzüge im Wohnungsbau weichen geringfügig von den Vorgaben in öffentlich zugänglichen Bauten ab und sind weniger umfassend. Angaben dazu können dem Beitrag «Aufzugsanlagen im Wohnungsbau» entnommen werden.

 

Stand 21.11.2019

Lift, Lifte, Fahrstuhl, Fahrstühle, Aufzug, Aufzüge