Wohnhaus Zugang mit Briefkästen
Hauseingänge haben spezifische Anforderungen zu erfüllen, um auch für Personen mit Einschränkungen hindernisfrei nutzbar zu sein.

Verlangt das Behindertengleichstellungsgesetz BehiG oder die kantonale Baugesetzgebung den hindernisfreien Zugang zur Wohnung, betrifft dies alle Elemente der Erschliessung vom öffentlichem Raum bis zur Wohnungstür. Die minimalen Anforderungen beschreibt die Norm SIA 500 «Hindernisfreie Bauten» im Karpitel 9 «Erschliessung bis zu den Wohungen».

Oberste Priorität hat ein stufenfreier Zugang und Eintritt ins Gebäude. Besucherinnen und Bewohner mit Behinderung sollen den selben Hauszugang benutzen können wie alle anderen. Nur in Ausnahmefällen (z. B. bei der Renovation von Wohnbauten) darf der hindernisfreie Zugang über einen Nebeneingang führen.

Sonnerie, Gegensprechanlagen, Briefkästen, usw. müssen auch für mobilitäts-, seh- und hörbehinderten Menschen bedienbar sein. Türbedienung, Durchfahrbreiten und Zirkulationsflächen sind zu beachten. Zum Beispiel ist für eine Drehung mit dem Rollstuhl um 90° eine Fläche von mind. 1.40 m x 1.40 m notwendig. Für Menschen mit Sehbehinderung sind neben einer kontrastreichen Gestaltung und guten Beleuchtung taktil und visuell gut erkennbare Bedienelemente und Beschriftungen erforderlich. 

Wege und Rampen

  • Wege und Rampen vor dem Eingang müssen eine Breite von mind. 1.20 m aufweisen (Ziff. 9.3.1).
  • Sie dürfen nicht steiler als max. 6 % sein (Ziff. 9.4.1).
  • Vor Türen müssen sie in eine ebene, gefällefreie Fläche mit einer Länge von mind. 1.40 m münden (Ziff. 9.4.3), bei Änderung der Bewegungsrichtung um mehr als 45° in eine Fläche von mind. 1.40 x 1.40 m.

Empfehlungen und Hinweise

  • Für die Haupterschliessung sind Steigungen von mehr als 6% nicht geeignet. Sie können nur mit einem Zuggerät oder der Unterstützung durch eine Hilfsperson überwunden werden. Bei der Renovation von Bestandsgebäuden ist eine grössere Steigung im Ausnahmefall zugelassen.
  • Handläufe geben an Wegen mit Steigung Halt und erhöhen die Sicherheit.
  • Quergefälle auf Wegen und Rampen sind zu vermeiden, wo unvermeidbar max. 2% (Ziff. 3.2.3). Mit Rollstuhl und Rollator ist viel Kraft erforderlich, um gegenzusteuern.
  • Wo der Weg näher als 1.0 m an einer abschüssige Stelle (> 12 %) entlang führt, ist ein Geländer als Absturzsicherung nötig (Ziff. 3.4.5).

Stufen

  • Stufen im Eingangsbereich sind nicht erlaubt. Wohnungen müssen stufenlos erreichbar sein (Ziff. 9.1.1).
  • Niveauunterschiede zwischen Strassenraum und Hauseingang müssen mit einer normkonformen Rampe oder einem Aufzug selbständig überwunden werden können.
  • Stufen im Aussenbereich sind kontrastreich zu markieren und gut zu beleuchten und müssen auch dort mit einem Aufzug oder einer Rampe überwunden werden können.
  • Stufen zwischen Eingangstür und Aufzug oder zwischen Tiefgarage und Aufzug sind nicht zulässig.

Bestandsstufen

Bei Renovation eines Bestandsgebäudes muss geprüft werden, auf welche Weise existente Stufen im Eingangsbereich überwunden werden können.

  • Terrainanpassung
  • geneigter Weg
  • Rampe
  • Aufzug, z.B. Fassadenaufzug, Durchlader oder Schräglift im Terrain

Sollte der finanzielle Mehraufwand erheblich sein, klärt eine Verhältnismässigkeitsprüfung, welche Massnahmen zumutbar sind (siehe Beitrag «Umbau und Erneuerung von Wohnbauten»).

Hinweis
Lässt sich der Haupteingang nicht anpassen, ist zu prüfen, ob die stufenlose Erschliessung z.B. über die Hofseite, einen Nebeneingang, eine Rampe zum Untergeschoss oder über einen Zugang durch die Tiefgarage erfolgen kann. Unter Umständen kann auch der Haupteingang an einen geeigneten Ort verschoben werden.

Boden und Beläge

  • Bodenflächen müssen einen geringen Rollwiderstand aufweisen und dürfen beim Überfahren nur minimale Erschütterungen verursachen.
  • Hinreichend tritt- und gleitsicher müssen sie sein. Es ist sich an den Empfehlungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung zu orientieren.
  • Stolperstellen sind zu vermeiden oder zu eliminieren. (Ziff. 9.1.1, Korrigenda C3, Anh. B)

Geeignet sind Bodenbeläge gemäss Anhang B.1 «Eignung von Bodenbelägen»:

  • besonders geeignet: Asphalt, vollkantige Verbundsteine mit gestossenen Fugen, Kunststeinplatten oder Waschbeton fein strukturiert
  • geeignet: Natursteinplatten gesägt, geflammt, gestockt usw., Beton abtaloschiert oder strukturiert
  • wenig geeignet: grob strukturierte Natursteinpflästerung vollflächig ausgefugt, grobe Waschbeton- und gut gewalzte Mergelbeläge
  • ungeeignet: weiche Matten, Plattenbeläge mit breiten Fugen und Kiesbeläge
  • Schmutzfänger müssen gut befahrbar, hart und gleitsicher sein: beispielsweise Aluminiumroste. Nicht geeignet sind Borsten-, Kokos- oder Brossenmatten.

Empfehlung der bfu zur Rutschsicherheit

  • Oberflächen im Eingangsbereich müssen auch in nassem Zustand rutschsicher sein. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung empfiehlt eine Rutschhemmung mind. GS 2 (bfu/Empa) bzw. mind. R 11 (DIN-Norm 51130) für überdachte Eingangbereiche und Laubengänge.
  • Besondere Aufmerksamkeit auf die Beläge bei Übergängen von gedeckten zu nicht gedeckten Bereichen legen. Gedeckte Bereiche, in die Personen Nässe und Feuchtigkeit hereintragen können, sollen den Anforderungen der höheren Bewertungsgruppe (ungedeckte Bereiche) entsprechen, d.h. grundsätzlich Bodenbeläge mit der gleichen Rutschhemmung wählen.
  • Durch bauliche und organisatorische Massnahmen sicherstellen, dass Verkehrswege möglichst von Wasser und Verschmutzungen frei bleiben (z.B. Schmutzschleusen).

Eingangstüre

  • Türen und Durchgänge sind sowohl am Hauseingang als auch innenliegend schwellenlos auszubilden (Ziff. 9.1.1).
  • Bautechnisch bedingte, einseitige Absätze und Türanschläge mit max. 25 mm Höhe sowie Dichtungen mit Deckschienen sind zulässig (Ziff. 9.2.2, Korrigenda C3).

Hinweis
Das Eindringen von Wasser kann mit schützender Überdachung, mit Entwässerungsgefälle bis max. 2% oder Rinnen verhindert werden.

  • Die nutzbare Breite von Hauseingangstüren, Verbindungstüren zur Parkierungsanlage und Durchgängen beträgt mind. 0.80 m (Ziff. 9.2.1); ebenso für innenliegende Türen und Durchgänge.
  • Witterungsschutz für den Hauseingang wird nicht vorgeschrieben, erhöht jedoch Komfort und Sicherheit für alle.

Hinweis
Mit einem Witterungsschutz können Türe, Schliesssystem, Sonnerie und Briefkästen im Trockenen bedient werden, was für Menschen mit Behinderung wichtig ist, da sie oft mehr Zeit benötigen und keine Hand frei haben, um gleichzeitig einen Schirm zu halten.

Bedienelemente

Alle von Hand zu bedienenden Vorrichtungen zählen laut Definition der Norm SIA 500 zu Bedienelementen (Ziff. 1.1). Dazu gehören z.B. Lichtschalter, Notruftaster, Steuertaster, Codekartenleser, Lesegerät für Key-Card oder elektronischen Schlüssel, Sonnerieanlagen, Türdrücker, Tastaturen an Aufzügen und an Automaten, Briefkästen, Münzeinwürfe, Antriebe für Storen und ähnliche mehr. Ihre Bedienbarkeit ist essenziell für den Eintritt ins Haus und dessen Benutzung. Sie müssen demnach von allen entsprechend ihres Zwecks genutzt werden können und haben folgende Anforderungen zu erfüllen.

  • oberstes, zu bedienenden Element max. 1.10 m über Boden,
  • unterstes Element mind. 0.80 m über Boden (Ziff. 9.6.1).
  • Lautsprecher und Mikrofon können sich auf 1.40 m über Boden befinden.

Installationshöhe für Sennerei- und BriefkastenanlageHinweis
Die Oberkante der untersten Reihe der Briefkästen sind nicht höher als 1.10 m anzuordnen. Damit ist gewährleistet, dass die Zuteilung der Briefkästen bedarfsgerecht geändert werden kann (Auslegungen SIA 500:2009, A22).

Eine Ablagefläche im Briefkastenbereich ist hilfreich und wünschenswert.

  • Vor einem Bedienelement muss eine Freifläche vorhanden sein, um es vom Rollstuhl aus erreichen zu können (Ziff. 9.6.1).
  • Freiflächen vor BriefkastenanlageBreite: 1.40 m (d.h. 0.70 m beidseitig vor Bedienelement), um es mit der linken oder rechten Hand benutzen zu können.
  • Breite: 0.70 m (d.h. einseitig) nur bei Renovation oder Umbau bedingt zulässig

 

 

  • Hauseingangstür mit Massen für die Position der TürbedienungDabei ist zusätzlich darauf zu achten, dass das Bedienelement max. 0.25 m von Vorderkante der Freifläche in eine Leibung oder Nische zurückversetzt liegt (Ziff. 9.6.1).

 

 

 

Hinweis
Türdrücker sollten nicht in Raumecken platziert werden, da sie dort von einem Rollstuhl aus nicht erreichbar sind.

  • Bei manuell bedienten Hauseingangstüren ist neben dem Schwenkbereich des Türflügels eine freie Fläche von mind. 0.60 m Breite (x) vorzusehen. Diese ist für das Manövrieren mit Rollstuhl oder Rollator besonders wichtig, wenn die Türbedienung viel Kraft erfordert (Ziff. 9.2.3).
  • Freifläche vor TürenHinter dem 90° geöffneten Türflügel der manuell bedienten Tür muss eine freie Fläche von mind. 0.60 m Länge (y) vorhanden sein, um mit einem Hilfsmittel manövrieren zu können.
  • Die Breite x muss zusammen mit der Länge y mindestens den Wert 1.20 m ergeben (Ziff. 9.2.3).
    x + y = mind. 1.20 m
    Unter der Voraussetzung, dass diese Formel eingehalten wird, ist es zulässig, die Breite x bis auf 0.20 m zu verringern (Ziff. 9.2.3, Korrigenda C3).

Empfehlung
Dieser Freiraum zum Anfahren und Manövrieren mit einem Rollstuhl ist im besonderen bei Windfängen mit zwei Türen, bei verschliessbaren Türen sowie bei Türen mit Türschliesser erforderlich. Vorzugsweise sollte er auch bei Zwischentüren im Hausinneren vorgesehen werden.

Türbedienung

Die Bedienung der Eingangstür konkretisiert die Norm im Kapitel Wohnbauten nur für fernbediente Eingangstüren. Sie empfiehlt jedoch, die Anforderungen aus dem Kapitel öffentlich zugängliche Bauten zu übernehmen (Ziff. 9.1.5):

  • Eingangstüren sind vorzugsweise automatisiert (Ziff. 3.3.4.3).
  • Bei manuell bedienten Türen darf der Türschliesser auf höchstens 30 N Schliesskraft eingestellt sein (Ziff. 3.3.4.2).
  • Zur Bedienung manuell bedienter Türen sind Türdrücker am besten geeignet. Türdrücker und -griffe müssen gut umgreifbar sein, damit sie auch mit wenig Kraft oder eingeschränkter Handfunktion bedient werden können. Ungeeignet sind Knäufe (Ziff. 3.3.4.1).

Fernbediente Hauseingangstüren

  • Die Freigabefunktion der Türentriegelung ist an fernbediente Hauseingangstüren auch optisch und akustisch anzuzeigen (Ziff. 9.6.3).
  • An Türsprechanlagen müssen die wesentlichen Informationen und Instruktionen zur Nutzung zusätzlich auch optisch übermittelt werden
    – entweder durch Anzeigen auf Display («Bitte sprechen» und «Bitte eintreten»)
    – oder durch Videoanlagen (Ziff. 9.6.3).

Hinweis
Eine Video-Türsprechanlage erleichtert die Kommunikation für hörbehinderte Menschen und erhöht zudem die Sicherheit.

Informationen zu Gegensprechanlagen und fernbedienten Hauseingangstüren finden Sie im Beitrag «Sonnerie- und Gegensprechanlagen».

Windfang

Anforderungen an Windfänge nennt die Norm nicht für Wohnbauten, empfiehlt jedoch, die Anforderungen aus dem Kapitel öffentlich zugängliche Bauten zu übernehmen (Ziff. 9.1.5):

  • WindfangIn einem Windfang ist auf ausreichend Bewegungsfläche zwischen den Türen zu achten. Mindestens muss er 1.40 m x 1.40 m gross sein (Ziff. 3.3.5.1).
  • Bei Windfängen mit Drehflügeltüren muss der Abstand zwischen den Schwenkbereichen der Türflügel mind. 0.60 m betragen (Ziff. 3.3.5.2).

 

 

Empfehlung

  • Im Windfang mit einer Fläche von 1.40 m x 1.70 m oder mehr kann eine Person mit dem Rollstuhl manövrieren, die beiden Türen bedienen und wenn nötig wenden.
  • Die beiden Türen im Windfang sollen in die gleiche Richtung öffnen, um die Türbedienung mit dem Rollstuhl und Rollator zu erleichtern.

Unfallschutz

  • Zwischen der Aussenkante der Türleibung und einer Absturzgefahr (Treppenabgang, freie Podestkante, Böschung) muss ein seitlicher Abstand von mind. 0.60 m existieren (Ziff. 9.2.4), ebenso zwischen 90° geöffnetem Türflügel und einer Absturzstelle.

Tür-Treppen / Escalier-porte 1Tür-Treppen / porte-marches 2

  • Für eine optimierte Hindernisfreiheit empfiehlt die Norm, bei Absturzhöhen von mehr als 0.40 m eine Absturzstelle mit einer Abschrankung oder Brüstung zu sichern (Ziff. 3.5.4)
  • Hindernisse im Bewegungsraum müssen vermieden werden oder sind so abzusichern, dass sie für den Weissen Stock taktil erfassbar werden. Zur Sicherheit sehbehinderter Menschen müssen Elemente im Hauszugang so platziert werden, dass sie kein Hindernis darstellen. Ragen Bau- oder Einrichtungselemente, z.B Briefkastenanlage, Vitrine, Mobiliar, konstruktive Bauteile oder Beleuchtungselemente, aus der Mauer oder dem Boden um mehr als 0.10 m in die Bewegungsfläche hinein oder unterschreiten die nutzbare Höhe von 2.10 m (z.B. Treppenlauf, geneigtes Bauteil), müssen sie als Hindernis kontrastreich markiert werden und mit dem Weissen Stock durch einen Sockel von mind. 30 mm oder eine Abschrankung sicher ertastbar sein (Ziff. 9.3.4).

Beleuchtung

Beleuchtungsstärke, Blendungsbegrenzung und Leuchtdichteverteilung müssen die Sicherheit und Orientierung sowie das Ablesen und Absehen von Sprechbewegungen gewährleisten. Detaillierte Informationen finden Sie im Artikel Beleuchtung.

Die Beleuchtung der Aus- und Eingänge ist besonders sorgfältig zu planen (mit einer Beleuchtungsstärke von 50 bis 100 lx, Wartungswert). Sie soll eine Übergangszone schaffen, welche die Differenz zwischen der Beleuchtungsstärke im Innern und derjenigen im Aussenbereich sowohl während des Tages als auch während der Nacht abschwächt (Anh. D.1.1.3).

In jedem Fall empfiehlt es sich, im Inneren eines Gebäudes eine Beleuchtung auszuwählen, die die Anforderungen der Norm SN EN 12464-1 erfüllt und ausserhalb der Gebäude die der Norm SN EN 12464-2.

Empfehlung

  • Der Vorplatz des Hauszuganges ist mit einer ausgewogenen blendfreien Beleuchtung auszuleuchten. Diese soll sich an die Lichtverhältnisse im Tagesverlauf anpassen, um grosse Helligkeitsunterschiede im Übergang von innen nach aussen auszugleichen.
  • Briefkästen oder Sonnerieanlagen sind gut auszuleuchten und kontrastreich zu gestalten, so dass Tasten erkennbar und Namen lesbar sind. Es sind matte Oberflächen zu verwenden, um Spiegelungen zu vermeiden.

 

Stand 12.07.2023